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Insgesamt 16 Apps getestet

Amokläufe, Hassbotschaften, Sexszenen: Es liest sich wie aus dem Drehbuch eines Actionfilms für Erwachsene. Auf solche Inhalte können Kinder in ihren Smartphone-Games treffen, welche bereits ab 12 freigegeben sind, aber nicht selten auch von jüngeren Heranwachsenden gezockt werden. Das waren ein paar der Entdeckungen der Stiftung Warentest-Redaktion.

Erwachsenen-Inhalte und schlechte Moderation

Die Testerinnen und Tester der Stiftung Warentest fanden in der App „Roblox“ nicht nur nachgespielte Amokläufe oder sexuelle Handlungen, sondern auch antisemitische Nutzernamen. Die milliardenschweren Anbieter dieser Apps tun leider zu wenig gegen solche – von Nutzerinnen und Nutzern selbst generierten – problematischen Inhalte. Hintergrund ist, dass Nutzerinnen und Nutzer dieser App Spielinhalte selbst erstellen können und auch die selbst erstellten Inhalte anderer Userinnen und User nutzen können. Roblox funktioniert also wie eine Art „Social Media für Spiele“, was die Kontrolle der Inhalte ungemein erschwert. Die Testerinnen und Tester der Stiftung Warentest versuchten, mit der Meldefunktion auf solche Inhalte hinzuweisen. Leider erfolglos.

Taschenspieler-Tricks, um ans Taschengeld zu kommen

Dass Heranwachsende in den Spielen knallharten Geschäftsmodellen ausgesetzt sind, bemängelte die Stiftung Warentest ebenso. Durch die Mechanismen der getesteten Kinderspiele werden die jungen Userinnen und User dazu verleitet, ihr Taschengeld in Spielewährungen umzutauschen, um vermeintliche Spezialitems – zum Beispiel Waffen oder Kleidung – zu erwerben oder spielerische Vorteile zu erlangen.

In Form von Einblendungen wird den Spielerinnen und Spielern suggeriert, nur durch In-App-Käufe ein besseres oder glücklicheres Spieleerlebnis zu haben. Wohlwissend, dass Heranwachsende nur wenig Geduld haben, setzen die Entwickler auf sogenannte „Dark Patterns“: psychologische Tricks in Spielen und Online-Angeboten, die zu einer bestimmten Verhaltensweise manipulieren.

Welche Spiele wurden getestet?

Die Stiftung Warentest testete Anfang 2024 die zehn aktuell umsatzstärksten Spiele sowie sechs von Jugendlichen empfohlenen Spiele drei Monate lang, darunter:

  • Minecraft
  • Brawl Stars
  • Candy Crush Saga
  • Clash of Clans
  • Fortnite
  • Gardenscapes
  • Genshin Impact
  • Hay Day
  • Monopoly Go
  • Pokémon Go
  • Roblox
  • Royal Match
  • Solitaire Grand Harvest
  • Subway Surfers
  • Township
  • Whiteout Survival

Zu welchem Ergebnis kamen die Testerinnen und Tester?

Von den sechzehn getesteten Spielen wurde lediglich „Minecraft“ als „bedenklich“ eingestuft. Die restlichen fünfzehn Spiele bekamen das Prädikat „inakzeptabel“. Der Grund: Bei den meisten Spielen wird ein hoher Kaufdruck und manipulative Praktiken bemängelt. Der einzige Lichtblick: Mit elterlicher Unterstützung und einigen technischen Anpassungen kann „Minecraft“ für Kinder akzeptabel gestaltet werden.

Das Fazit des Tests: Die Mehrheit der Spiele bietet

  • keine ausreichenden Schutzfunktionen für Heranwachsende,
  • keine wirksame Moderation von problematischen Kommentaren oder Nutzernamen,
  • keine Transparenz über die realen Kosten der In-App-Käufe,
  • irreführende Bezeichnungen, welche Spieleinhalte gratis und welche kostenpflichtig sind,
  • Glücksspiel-ähnliche Spielelemente (Stichwort: Lootboxen).

Viele der Games fallen auch unter rechtlichen Aspekten durch: Es liegen nämlich bei einigen Spielen keine Datenschutzerklärung oder AGB auf Deutsch vor. Selbst wenn diese Texte in deutscher Sprache vorliegen, sind sie weder für Erwachsenen und noch weniger für Heranwachsende verständlich geschrieben.

Was können Eltern tun?

Medienpädagoge Dejan Simonovic (Leiter der Computerspielschule am Stadtmedienzentrum Stuttgart) rät Eltern, sich zu den konkreten Spielen auf spieleratgeber-nrw.de zu informieren. Dort finden Eltern zu allen aktuellen Spielen pädagogische Beurteilungen. „Dann sollten Eltern sich gemeinsam mit den Kindern die kritischen Aspekte der Spiele anschauen und Kompromisse finden, die für beide Seiten praktikabel sind“, so Simonovic.

Darüber hinaus können Eltern folgende Maßnahmen des technischen Jugendschutzes umsetzen:

  • Smartphone kindersicher machen,
  • Apps-Store kindersicher machen (Downloads unterbinden, indem der Account im App-Store abgemeldet ist),
  • Zahlungsfunktionen (hinterlegte Kreditkarten) einschränken,
  • beim Download von Spielen im App-Store darauf achten, ob „In-Game-Käufe“ notwendig sind (das wird in den App-Stores gesondert ausgezeichnet),
  • und je nach Alter: Kindern kein eigenes Smartphone zugestehen, sondern das Familien-Handy mit entsprechenden Schutzmaßnahmen zu festgelegten Zeiten „ausleihen“.

Durch technische Maßnahmen riskantes Verhalten zu verhindern, hat oft nur eine kurzfristige Wirkung auf das Verhalten des Kindes oder Jugendlichen. Schnell finden Heranwachsende ihre Wege, verbotene oder problematische Inhalte über andere Geräte zu erreichen oder Sperren zu umgehen. Doch Eltern sind nicht machtlos: Der beste Schutz in der Medienerziehung liegt in einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Eltern und Kind sowie in erzieherischen Alternativen:

  • alternative Freizeitbeschäftigungen anbieten, entwickeln und pflegen,
  • auf Spiele ohne In-Game-Käufe ausweichen (Infos dazu auf spieleratgeber-nrw.de),
  • Interesse zeigen und Fragen zu den Spielen stellen,
  • zusammen digitale Medien nutzen,
  • über die Risiken und Gefahren aufklären,
  • je nach Alter: Mediennutzungsvertrag formulieren und Mediennutzungszeiten festlegen,
  • Vorbildfunktion in Sachen digitale Medien übernehmen.

Neben allen Risiken bieten digitale Spiele den Kindern auch Chancen: Kinder lernen strategisch zu denken, selbstständig Probleme zu lösen sowie den Umgang mit Technik. Wird die Mediennutzung entsprechend begleitet, können Kinder von digitalen Spielen profitieren.

Unterstützung und Beratung

Kostenfallen, Zeitdruck, für Kinder ungeeignete Inhalte: Im Umgang mit Spiele-Apps gibt es viel zu beachten. Der Spieleratgeber NRW ordnet digitale Spiele pädagogisch ein und gibt Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen Orientierung.

Falls sie Fragen haben oder Probleme auftauchen, können sie sich gerne an das Team der medienpädagogischen Beratungsstelle am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg wenden – wir helfen weiter!

Mo-Do: 8:30 bis 12 Uhr, 13 bis 16 Uhr
Fr: 8:30 bis 13 Uhr
Tel.: 0711 4909-6321
E-Mail: beratungsstelle@lmz-bw.de

Zur medienpädagogischen Beratungsstelle

Lese- und Hör-Tipps

Alternsfreigabe in digitalen Spielen (www.lmz-bw.de)

In-Game-Käufe (www.lmz-bw.de)

Jugendschutz-Software (www.lmz-bw.de)

Podcast „Game Based“

Zum Thema Cybergrooming und Sextortion in Online-Games am Beispiel von Roblox reden Frau Nakari und Herr Reinelt über die Faszination von Multiplayer-Online-Plattformen, beschreiben die Risiken der dort integrierten öffentlichen Chats und geben vor allem hilfreiche Tipps, wie Kinder vor sexualisierten Übergriffen in Computerspielen geschützt werden können:

Zum Schoolcrime-Podcast (Folge 2: Falsche Freunde)

Christian Reinhold

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