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Gutachten zur Entwicklung von Lernräumen am SMZ Stuttgart vorgestellt

In einer Ecke des Klassenzimmers haben es sich Schüler/-innen auf Sitzsäcken bequem gemacht und lernen mit Kopfhörern im Ohr selbstständig an Tablets. Zwischen mobilen Trennwänden sitzt eine Schülergruppe an einem Arbeitstisch und ist in ein Gespräch mit ihrer Lehrkraft vertieft. Ein weiterer Schüler der Klasse schiebt ein interaktives Display zu seinem Arbeitsplatz, um gemeinsam mit einer Mitschülerin eine Präsentation vorzubereiten.

So oder so ähnlich könnten Lernräume der Zukunft aussehen, wenn es nach dem Gutachten „Schulen für die Zukunft gestalten“ geht. Erstellt haben es Prof. Dr. Frank Thissen und Prof. Dr. Richard Stang von der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) im Auftrag der Stadtmedienzentren Stuttgart und Karlsruhe. Für die Neugestaltung ihrer Modellräume für Schule und Unterricht hatten die Stadtmedienzentren Raumszenarien angefordert, die neueste lerntheoretische Erkenntnisse berücksichtigen und an Schulen jeglicher Art ohne Neu- oder Umbauten umgesetzt werden können. Vergangenen Donnerstag wurde das Gutachten am Stadtmedienzentrum Stuttgart (SMZ) vorgestellt. Zu diesem Anlass hat das SMZ unter der Leitung von Hans-Jürgen Rotter bereits einige der skizzierten Lehr-Lernsettings mit innovativem Mobiliar der Firma VS und modernster Technik zum Leben erweckt.

Gutachten „Schulen für die Zukunft gestalten“

Hans-Jürgen Rotter, Leiter des Stadtmedienzentrums Stuttgart, im Gespräch mit Prof. Dr. Frank Thissen und Prof. Dr. Richard Stang von der Hochschule für Medien Stuttgart (HdM) | Foto: Wolfgang Kuhnle

Offenheit und Flexibilität – Die Didaktik bestimmt den Raum

Wer wissen will, wie die Schule der Zukunft aussehen soll, muss zunächst beantworten, was die Schule der Zukunft leisten soll. Das Gutachten der Professoren Thissen und Stang verdeutlicht in diesem Zusammenhang: Die Schule als Ort der reinen Wissensvermittlung ist im Zeitalter von Digitalisierung und lebenslangem Lernen längst überholt. Gruppenarbeit, Präsentieren, konzentriertes Lernen und Lernbegleitung gehören ebenso zum modernen Unterrichtsalltag wie Spielen, Experimentieren, Bewegen und Entspannen.

Die Lernräume der Zukunft sollten daher vor allem eines sein: flexibel. Laut Thissen und Stang geht es darum, dass „nicht der Raum die Didaktik, sondern die Didaktik den Raum bestimmt“. Dies gelingt einerseits, indem Unterrichtsräume möglichst offen im Verbund mit anderen Räumen – wie zum Beispiel Schulbibliotheken, Medienwerkstätten, Computerräumen oder Fluren – genutzt werden. Andererseits, indem Räume mit fahrbarem Mobiliar und mobiler Technik ausgestattet werden.

Schüler/-innen sitzen auf Matten und arbeiten gemeinsam an ihren Tablets, durch eine mobile Trennwand abgeschirmt vom Rest des Raums | Foto: Wolfgang Kuhnle

Vom fahrbaren Schrank bis zum mobilen Display – ein Baukasten für moderne Lernräume

Als Grundausstattung für moderne Lernräume empfehlen die beiden Medienwissenschaftler der HdM Stühle mit Rollen oder Kufen und quadratische Einzeltische. Damit lassen sich verschiedene Sitzkonstellationen – von der klassischen Reihenanordnung über den Stuhlkreis bis zu Gruppentischen – schnell und unkompliziert realisieren. Mit einem höhenverstellbaren Pult auf Rollen kann die Lehrkraft flexibel an Einzel- oder Gruppentische „andocken“, um ihre Schüler/-innen beim Lernen zu begleiten. Die räumliche Trennung zwischen der „teaching zone“ und der „learning zone“, die im Frontalunterricht betont wird, wird dadurch aufgehoben. Der Wandel von der Didaktik des Lehrens hin zu der Didaktik des Lernens spiegelt sich somit auch im Mobiliar wider.

Fahrbare Schränke und Sideboards ermöglichen „Raum-im-Raum“-Lösungen. Sie lassen kleine, abgeschirmte Nischen für Gruppenarbeiten oder Beratungsgespräche entstehen. Gleiches gilt für mobile Trennwände, die als Flipcharts, Pinnwände oder Whiteboards genutzt werden können. Auch Sitzsäcke, Sofas oder Matten sollten dem Gutachten der HdM zufolge in modernen Lehr-Lernsettings ihren Platz finden. Sie eignen sich sowohl für Phasen des konzentrierten Einzellernens als auch für Phasen der Entspannung und Kommunikation.

Als technisches Herzstück des Lernraums der Zukunft empfehlen die Professoren Thissen und Stang ein mobiles interaktives Display. Dieses ersetzt die klassische Tafel und ermöglicht es, gemeinsam Aufschriebe zu tätigen, Präsentationen zu gestalten oder abzuhalten. Da das Display im Raum verschoben werden kann, kann es sowohl für Arbeitsphasen in der Klasse als auch in kleinen Gruppen genutzt werden. Ein mobiler Notebookwagen oder ein Tabletkoffer vervollständigen die technische Grundausstattung des Lernraums. Je nach Bedarf können einzelne oder alle Geräte zum Einsatz kommen – oder im Wagen bzw. Koffer verbleiben. Neben dieser Grundausstattung sollten zudem in jedem modernen Lernraum die Voraussetzungen geschaffen werden, Virtual-Reality-Anwendungen (VR) zu zeigen. Diese werden laut Thissen und Stang in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.

Schülerinnen haben es sich auf rollbaren Stühlen bequem gemacht und arbeiten an ihren Tablets | Foto: Wolfgang Kuhnle

Fazit

Lernräume der Zukunft sollten Lehrenden maximalen Spielraum bieten, um vielfältige didaktische Konzepte umsetzen zu können – damit Lernende den Freiraum haben, ihr volles Potenzial entfalten zu können. Dies kann gelingen, wenn drei Grundpfeiler der Raumgestaltung zusammenkommen: offene Räume, flexibles Mobiliar und mobile Technik. Wie dies in der Praxis aussehen kann, können Schulleitungen und Lehrkräfte in Kürze in den Modellräumen der Stadtmedienzentren Stuttgart und Karlsruhe hautnah erleben. Das Gutachten der HdM liefert den „Baukasten“ dafür.

Madeleine Hankele-Gauß

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