Navigation überspringen
Artikelinhalt anzeigen

Wichtige Stationen in der Geschichte

Die Anfänge des Radios

Die Gründung öffentlicher Rundfunkgesellschaften erfolgte in der Weimarer Republik ab dem Jahre 1923. Die regionalen Sendegesellschaften wurden als Aktiengesellschaften geführt, wobei die Reichspost einen erheblichen wirtschaftlichen Einfluss besaß. Die erste Ausstrahlung eines Radioprogramms erfolgte am 29. Oktober 1923 um 8 Uhr abends mit der Meldung: „Hier Sendestelle Berlin, Voxhaus, Welle 400“. Das Radioprogramm der regionalen Veranstalter unterlag freilich einer „politischen“ und „kulturellen“ Überwachung, das heißt, es gab eine spezielle Vorzensur für das Radioprogramm, was zu heftigen Auseinandersetzungen führte.

Während des Dritten Reichs pervertierte das gesamte Radioprogramm zu einem Propagandainstrument im Dienste der Hitler-Diktatur.

Nach dem Ende des Krieges wurde unter Führung der Alliierten der Rundfunk zu einem öffentlich-rechtlichen Radio-System ausgebaut, wobei in jedem Bundesland eigene Rundfunkanstalten entstanden. Wir kennen sie heute noch unter Namen wie WDR (Westdeutscher Rundfunk), NDR (Norddeutscher Rundfunk), HR (Hessischer Rundfunk) oder SWR (Südwestrundfunk). 30 Jahre lang bestand diese Radiolandschaft nahezu unverändert fort. In den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden dann immer mehr private Sender. Seither spricht man vom dualen Rundfunksystem. In den meisten Bundesländern gibt es seither auch sogenannte nicht-kommerzielle oder freie Radios, die es allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen sollen, Sendungen zu gestalten und auszustrahlen.

Die Anfänge des Hörspiels

Richard Hughes „A Comedy of Danger“, ein sogenanntes listening play, wurde am 15. Januar 1924 von der BBC ausgestrahlt und gilt als die Geburtsstunde des europäischen Hörspiels. Der Autor betonte: „Indem wir versucht haben, Gefühle anzusprechen und eine vollständige Geschichte über ein einzelnes Sinnesorgan, das Ohr, zu erzählen, haben wir offensichtlich nichts anderes versucht als das, was das Kino bereits durch die Augen getan hat.“ Die Handlung spielt im Dunkeln eines Bergwerkschachtes, alles Sichtbare wird in die Raumkonstellation des Unsichtbaren transponiert. Die „verdunkelte“ oder „blinde“ Bühne war konstituierend für den Beginn des europäischen Hörspiels. Auch im deutschen Reich dominierten zunächst akustische „Hörsensationen“, das heißt affektiv beladene Katstrophen- oder Pionier-Hörspiele, die unter anderem die Polarfahrten oder die Ozeanüberquerungen zum Gegenstand hatten.

Der Monolog als solitäre Radiostimme im Diskurs mit den Radiohörer wurde im internationalen Hörspiel früh eingeführt. Aus Frankreich ist in diesem Zusammenhang der Monolog eines Sterbenden – „Agonie“ (1924) von Pierre Camille – überliefert. Hermann Kesser adaptierte in Deutschland seine Erzählung „Schwester“ (1926) mit den Mitteln des Monologs für das Hörspiel und führte aus: „Der Monolog bietet die Möglichkeit, sich auf die Höhe eines echten und eindrucksvollen Ich-Dramas zu erheben. [...] Und schließlich kommt im Monolog auch das zustande, was ich, um ein Bild von der Filmkunst anzuwenden, eine Großaufnahme nennen möchte, – aber eine Großaufnahme des inneren Menschen, der denkt, fühlt und handelt.“

Als erstes Hörspiel wurde in Deutschland am 24. Oktober 1924 das experimentelle Stück „Zauberei auf dem Sender“ von Hans Flesch im Radio gesendet.

Alfred Döblin adaptierte 1930 seinen Berlin-Roman, doch kam es in der Weimarer Republik nie zur Ausstrahlung des Hörspiels „Die Geschichte vom Franz Biberkopf“. Hans Bodenstedt, Friedrich Bischoff und Walter Ruttmann experimentierten mit den neuen akustischen Möglichkeiten am nachdrücklichsten. Die Jahre zwischen 1929 und 1932 werden in der Forschung einheitlich als erster Höhepunkt der deutschen Hörspielgeschichte verstanden. Produktionen von Ernst Johannsen, Erich Kästner, Hermann Kasack, Hermann Kesser, Friedrich Wolf, Walter Benjamin und Brecht dienten als akustische Modelle, die eine breite Hörspieldiskussion bestimmten.

Vorbereitet durch eine völkisch-nationale Ideologie sorgten Hörspiele von Eberhard Wolfgang Möller oder Heinz Ehrke schon vor 1933 für die Abdankung einer autonomen Radiokunst in Deutschland. Die Abschottung des deutschen Hörspiels erfolgte nach den sogenannten Säuberungen in den Rundfunkhäusern auch durch die Ausstrahlung von propagandistischen „Thingspielen“ und „Hörspielkantaten“, die das nationalsozialistische Gedankengut in pompösen Sendungen zum Inhalt hatten.

Nach 1945 entwickelte sich im geteilten Deutschland zunächst eine „westliche“ und eine „östliche“ Hörspielkultur. Die DDR bezog sich auf das sozialistische Hörspielerbe der Weimarer Republik (Brecht, Wolf, Becher, Pijet. Toller). Der Auftakt des westdeutschen Hörspiels mit Wolfgang Borcherts Draußen vor der Tür (NWDR, 13. Februar 1947) ist gekennzeichnet durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. „Eichs Träume“ (NWDR, 19. April 1951) galten schließlich im Blickwinkel der „Hamburger Schule“ unter Hörspieldramaturg Heinz Schwitzke als die eigentliche Geburtsstunde des Nachkriegshörspiels schlechthin. Das Hörspiel zwischen 1950 und Mitte 1960 orientierte sich immer wieder an dem „Eich-Maß“, an einer Hörspielrhetorik introspektiven Zuschnitts. Autoren im Umfeld des „Hörspielpreis der Kriegsblinden“ setzten Maßstäbe, aber auch solche Autoren, die außerhalb des Preises das dialogische Worthörspiel und den Rekurs auf die deutsche Geschichte exemplarisch vorantrieben: Erwin Wickert, Wolfgang Hildesheimer, Leopold Ahlsen, Hans Kasper, Heinrich Böll, Peter Hirche, Walter Jens und andere. Das Hörspiel der „Innerlichkeit“ und der linearen Fabeln geriet in den Funkhäusern durch die Autoren der 68er-Bewegung (Peter 0. Chotjewitz, Ludwig Harig, Ror Wolf, Peter Handke und andere) zunehmend in Bedrängnis.

Das neue Hörspiel

Die Einführung der Stereophonie und die damit verbundene Variabilität des Raumes und seiner darin agierenden Personen erweiterte die Möglichkeiten des Hörspiels erheblich: Die Gleichzeitigkeit rhetorischer Aktionen und Disputationen ließ sich in neu erschlossenen Hörachsen nahezu beliebig erhöhen. Die damit verbundene Entindividualisierung des sprechenden Subjekts im Hörspiel erfuhr eine neue akustische Dimension. Ernst Jandl und Friederike Mayröcker erprobten die Verfahren in „Fünf Mann Menschen“ (1968). Im Neuen Hörspiel experimentierten die Autoren mit politischer Sprachkritik einerseits (Wondratschek, Hoffer, Harig, Pörtner, Cage, Wühr) und zeigten die Isolierung der Hörer vor dem Massen-Medium Radio. Die Verfahren des Neuen Hörspiels spielen in den Neunziger-Jahren in Deutschland keine entscheidende Rolle mehr. Das traditionelle epische Hörspiel ist weiterhin ausschlaggebend in der öffentlich-rechtlichen Radiokunst. Trotz Vormarsch des Fernsehens ist der Bestand der Hörspielsendungen quantitativ nicht gesunken. Der Karl-Sczuka-Preis des SWR scheint im Übrigen die experimentelle Verknüpfung von Musik/Klang mit Wort/Sprache vorangetrieben zu haben. Hörspielkompositionen von Heiner Goebbels, Ronald Steckel, Luc Ferrari und Andreas Ammer belegen die erweiterte rhetorische und radiophone Sinnlichkeit im Hörspiel und den kalkulierten Medientransfer zwischen Wort und Musik, sind Indiz für Symbiose und Vernetzung traditionell getrennter Gattungen und Spielorte.

Die Möglichkeiten der Technik führten in den siebziger Jahren dazu, mit Textmaterial anders als im klassischen Hörspiel umzugehen. Stimmen konnten stereofon verteilt werden, Blenden und Schnitte waren vermehrt möglich. Das Wort als akustisches Ereignis wurde aus seinem Kontext herausgelöst und als Klangmaterial weiter verarbeitet.

Das Neue Hörspiel machte sich vor allem die Möglichkeit der Wortoperationen zunutze. Wörter werden nach mathematischen Regeln neu zusammengesetzt, der Sinn ändert sich, Wörter und Sätze bekommen eine musikalische Dimension durch Wiederholung; das Arrangement ähnelt den in der Musik angewendeten Verfahren.

Zusätzlich erhielten das Geräusch, die Musik und der Klang eine Aufwertung gegenüber ihrer Verwendung im klassischen Hörspiel, sie standen gleichwertig nebeneinander.

Der Dadaist Kurt Schwitters definiert 1924 das Wort als:

  1. Komposition von Buchstaben
  2. Klang
  3. Bezeichnung im Sinne von Bedeutung
  4. Träger von Ideenassoziationen
Vintage-Radio

GettyImages/nurulanga

Christian Hörburger

Diese Seite teilen: