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Unterrichtsmedien als zentraler Bestandteil des Schulalltags

Lernen ist im Allgemeinen ein Prozess, der vereinfacht nach folgendem Schema abläuft: Die Schülerinnen und Schüler nehmen Umwelterfahrungen auf, verarbeiten und integrieren sie in das bereits bestehende Wissensgerüst, um im Idealfall die neu gewonnenen Erkenntnisse zu späteren Zeitpunkten wieder abrufen und nutzen zu können. Die Lehrperson ist dafür zuständig, den Schülerinnen und Schülern genannte Umwelterfahrungen durch entsprechendes Unterrichtsarrangement zugänglich zu machen.

Dabei waren so genannte Unterrichtsmedien schon immer fest im schulischen Kontext verankert – nun werden sie um digitale Medien erweitert. Gerade aber in der Vermittlung von Inhalten haben sich – auch durch den Einsatz digitaler Medien – in den vergangenen Jahren dramatische Veränderungen ergeben. Hatte die Lehrkraft früher oft die alleinige Rolle des Wissensvermittlers inne, so sind Schülerinnen und Schüler heute viel intensiver in die Erarbeitung von Inhalten eingebunden – eine große Stärke der digitalen Medien. Gislinde Bovet und Volker Huwendiek definieren Unterrichtsmedien als „all diejenigen Hilfsmittel […], die als Erfahrungsersatz oder als Stellvertreter für die Wirklichkeit im Klassenraum zum Einsatz kommen“. Hüther bezieht bei der Definition von Medien im pädagogischen Kontext noch den Verbesserungsaspekt mit ein, indem er Medien ansieht als „die Gesamtheit der technischen Hilfsmittel […], die didaktisch geplant zur Verbesserung von Lehr- und Lernsituationen dienen“: Hilfsmittel sind Unterrichtsmedien insofern, als eine reale Wirklichkeitserfahrung nicht möglich ist, Verbesserung können sie in der Hinsicht sein, dass diejenigen Medien für den Unterricht gewählt werden, die einer Wirklichkeitserfahrung möglichst nahe kommen.

Die Lehrkraft entscheidet in Abhängigkeit von der Lerngruppe, den technischen Voraussetzungen, den zur Verfügung stehenden Ressourcen und ihrer eigenen Kompetenz, welche Medien sie nutzen möchte, um ihren Unterricht möglichst realitätsnah und anschaulich zu gestalten. Besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern wie Physik, Biologie, Chemie oder in der Mathematik muss beispielsweise entschieden werden, ob die Schülerinnen und Schüler einen Versuch selbst per Hand durchführen und dokumentieren sollen oder ob Simulationsprogramme benutzt werden, die gleichzeitig eine Dokumentation der Messergebnisse übernehmen. Lässt es der zeitliche und organisatorische Rahmen zu, ist die Realitätserfahrung zumeist der medialen Simulation vorzuziehen.

Andererseits tragen digitale Medien vielfach dazu bei, den Unterricht anschaulicher und somit wirklichkeitsgetreuer zu gestalten. Auch zur Wiederholung oder zusätzlichen Veranschaulichung sind Simulationsprogramme geeignet – gerade dann, wenn abstrakte Inhalte vermittelt werden sollen. In diesem Sinne können zum Beispiel im Mathematikunterricht in der analytischen Geometrie 3D-Programme eingesetzt werden, um durch eine dreidimensionale Darstellungsmöglichkeit von Geraden und Ebenen einen anschaulichen Zugang zum Thema zu schaffen und auch Schülerinnen und Schüler mit schwächer ausgeprägten räumlichen Vorstellungsvermögen abzuholen. Im Fremdsprachenunterricht kann auf Videokonferenzsysteme zurückgegriffen werden, um die Sprachkompetenz zu schulen. Die Schülerinnen und Schüler kommunizieren im besten Fall synchron per Videokonferenz mit der Klasse einer ausländischen Partnerschule, tauschen Informationen aus und trainieren hierdurch ihre Kommunikationsfertigkeit in der zu erlernenden Fremdsprache.

Die Erstellung eigener Medienprodukte begünstigt ebenfalls die Erfahrung von Wirklichkeit und ermöglicht durch handelndes Lernen eine individuelle Annäherung an die und Erfassung der Unterrichtsinhalte: Erstellen Schülerinnen und Schüler im Literaturunterricht beispielsweise zur Lektüre eines Romans einen eigenen Film, nehmen sie die Rolle der Charaktere körperlich und geistig ein und können kreative Ideen umsetzen. Zugleich lernen sie außerdem, wie Medienprodukte entstehen, und erfassen in der aktiven Medienarbeit ihre Wirkungsweise und Hintergründe.

Ein zentrales Problem für viele Lehrkräfte ist heute allerdings folgendes: Woher bekomme ich einfach, schnell und unkompliziert unterrichtsgeeignete Medien, die auch urheberrechtlich unbedenklich sind? Daher ein kurzer Exkurs auf wesentliche Angebote des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg (LMZ), das in seiner zentralen SESAM-Mediathek für alle Lehrkräfte in Baden-Württemberg über 80.000 urheberrechtlich geprüfte und auf die jeweilige Unterrichtssituation zugeschnittene Medien bereitstellt. Viele dieser Medien sind in so genannten Unterrichtsmodulen bereits beispielhaft in unterrichtliche Kontexte eingearbeitet. Inzwischen können über 800 solcher Unterrichtsmodule genutzt werden.

Lehrerin mit Schülern und Tablets

GettyImages/kali9

Der Einsatz digitaler Medien im Schulunterricht

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich nicht allein die Nutzungsintensität von Medien gewandelt – auch das Spektrum der in Frage kommenden (Unterrichts-)Medien hat sich erheblich erweitert. Waren es früher erst punktuell, dann weit verbreitet Bücher, so sind heute digitale Medien insgesamt fester Bestandteil einer modernen Gesellschaft. Aus Privatleben, Beruf und Öffentlichkeit sind sie nicht mehr wegzudenken. Die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen ist ebenfalls von diesem Entwicklungstrend geprägt: Morgens hilft das Radio beim Aufstehen, auf dem Weg zur Schule werden in der U-Bahn die über Nacht empfangenen WhatsApp-Nachrichten per Smartphone abgerufen und beantwortet, in der Schule werden die Klassenarbeitstermine und Schulveranstaltungen in den Handykalender eingetragen, nach der Schule werden die aktuellsten Neuigkeiten über soziale Netzwerke einer breiten Netzgemeinschaft mitgeteilt, und abends wird nach Erledigung der Hausaufgaben entweder am Computer oder einer Spielekonsole ein Online-Spiel gespielt oder zur Entspannung die aktuellen Videos auf YouTube angeschaut. Handy und Smartphone sind immer weiter verbreitet – ein Computer ist in nahezu jedem Haushalt mit Jugendlichen vorhanden.

Das Vorhandensein allein befähigt jedoch nicht zu einem sinnvollen Umgang mit diesen (digitalen) Medien: Viele Eltern und auch manche Lehrkräfte stehen vor der speziellen und für viele neuen Herausforderung, ihre Kinder zu einem reflektierten Medienumgang und maßvollen Medienkonsum zu erziehen. Erschwert wird dies insbesondere dadurch, dass die Kinder selber oftmals erfahrenere Mediennutzer sind als ihre Erzieher, für die die neuen Medien in der Tat zumeist noch neu sind – für die Kinder dagegen bereits Alltag. Es wird daher immer mehr auch zur Aufgabe der Schule und im Speziellen der Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler verstärkt für einen kompetenten Mediengebrauch zu rüsten und zu reflektierten Mediennutzerinnen und -nutzern auszubilden.

Schon ab den frühen 1980er Jahren etabliert sich als zentrale mediale Innovation der Computer als Massenmedium. Allerdings wird er lange Zeit nicht als Bildungsmedium verstanden, sondern ersetzt zunächst als modernisierte Version bekannte Arbeitswerkzeuge wie Rechner, Schreibmaschine oder Zeichengerät. In diesem Sinne liegt das Hauptaugenmerk – wie auch heute noch – auf Konzepten computerunterstützten Lernens. In den 1990er-Jahren eröffnen die Einführung der grafischen Benutzeroberfläche und die Entwicklung des Computers zur Multimedia-Maschine für den Einsatz des Computers zu Bildungszwecken ganz neue Dimensionen und Herausforderungen. Die Mediendidaktik wird von der Hoffnung getragen, dass durch den Einsatz von Computer beziehungsweise digitalen Medien im Unterricht bessere Lernleistungen und -ergebnisse erzielt werden, und zwar – wenn möglich – mit einem geringeren Aufwand. Obwohl die Forschung dies bis heute nicht zweifelsfrei bestätigen kann, wird in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts dennoch von der Lehrperson erwartet, dass sie digitale Medien methodisch-didaktisch sinnvoll in ihren Unterricht entweder als Lernmedium oder Lerngegenstand einsetzt. Lange Jahre erfüllte sich diese Erwartung nicht – auch weil die Rahmenbedingungen und die erforderlichen Unterstützungsmedien nicht vorhanden waren.

Dennoch sind in den letzten Jahren die Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien als Werkzeuge im Schulunterricht und deren Verwendung von Seiten der Lehrkräfte stetig gewachsen. Oftmals werden hierbei traditionelle Präsentations-, Interaktions- und Kommunikationsformen mit multimedialen verbunden. Zunehmend stellen Verlage digitale Unterrichtsmaterialien bereit, und durch mobile Geräte ergeben sich Möglichkeiten, auch außerhalb des Computerraumes mit digitalen Medien zu arbeiten. Breiter, Welling und Stolpmann führen folgende Möglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien an:

  • zum Üben und Trainieren eines definierten Lernstoffs, das heißt als Lernprogramme,
  • als elektronische Bücher zur Ergänzung des Unterrichts,
  • als Simulationsprogramme für ein modellhaftes Erkunden und Ausprobieren,
  • als Werkzeuge für das Schreiben, Rechnen, Präsentieren und für das Erstellen und Bearbeiten audio-visueller Medien,
  • als Informationsquelle in Form des Internets,
  • als Lern-Management-Systeme (LMS) beziehungsweise Lernplattformen zur Bereitstellung, zum Abruf, Austausch und zur Bearbeitung von Informationen und zur (a)synchronen Kommunikation.

Die wachsende Bedeutung der (digitalen) Medien im Unterricht werden auch die neuen Bildungspläne widerspiegeln. Dort ist der Einsatz dieser Medien erstmals verpflichtend über alle Schularten, alle Klassenstufen und alle Fächer vorgeschrieben. Durch die fächerintegrative Verankerung erhält die Arbeit mit Medien den ihr zukommenden Stellenwert, denn nicht nur der gesellschaftliche Wandel macht die Beschäftigung mit digitalen Medien unverzichtbar – die Arbeit mit digitalen Medien unterstützt auch die neuen methodisch-didaktischen Anforderungen wie Individualisierung und Differenzierung angesichts eines breiten Leistungsspektrums in den einzelnen Klassen. In einem Basiskurs werden in Klasse 5 die erforderlichen Grundlagen für die spiralcurricular aufgebaute Medienbildung der folgenden Jahrgänge gelegt.

Laut Kerres basiert das Potenzial, das der Einsatz digitaler Medien im Unterricht bietet, im Wesentlichen auf einem auf die Zielgruppe sinnvoll abgestimmten didaktischen Konzept; daher ist es Aufgabe der Lehrenden, ein mediendidaktisches Konzept zu entwerfen, das an „die Anforderungen und Rahmenbedingungen des Lernens angepasst“ ist. Eine methodisch-didaktische Hauptfrage muss sich die Lehrkraft vor dem Einsatz von (digitalen) Medien im Unterricht für eine pädagogisch sinnvolle Medienverwendung stellen: Welches Medium bzw. welche Medien setze ich ein, a) um welche Kompetenzen zu erlangen, b) welche Themen und Inhalte umzusetzen und zu gestalten, und zwar c) mit welchen Methoden und Sozialformen?

Die schulischen Rahmenbedingungen müssen den Lehrpersonen ermöglichen, digitale Medien in ihrem Unterricht einsetzen zu können. Dazu eignet sich in besonderem Maße ein sogenannter Medienentwicklungsplan; fehlt die entsprechende schulische Ausstattung oder fühlen sich die Lehrerinnen und Lehrer nicht ausreichend geschult, führt dies möglicherweise dazu, dass sie auf altbewährte Methoden und Unterrichtsmedien zurückgreifen. Dabei sind es – wie bereits thematisiert – gerade die digitalen Medien, die offene, differenziertere Formen des Lernens im Unterricht ermöglichen sowie Chancen bieten, der Individualität der Jugendlichen und Kinder gerecht zu werden und selbstständiges Lernen entsprechend zu fördern. Der Medienentwicklungsplan versucht daher, die pädagogischen Erfordernisse des Kollegiums mit den finanziellen Möglichkeiten des Schulträgers in Übereinstimmung zu bringen. Wenn sich das ganze Kollegium an diesem Prozess beteiligt, besteht die Chance, dass sich die Ziele des Bildungsplanes nach einer fächerintegrativen Medienbildung erfolgreich umsetzen lassen.

Die Medienberater in den Stadt- und Kreismedienzentren helfen dabei mit geschultem Sachverstand – durch adäquate Unterstützungsmaßnahmen und Weiterbildungen. Sie vermitteln beispielsweise, wie der Medieneinsatz im Unterricht gewinnbringend gestaltet werden kann und geben konkrete Umsetzungs- und Unterrichtsbeispiele mit Materialien an die Hand. Auf MediaCulture-Online – das Portal für Medienbildung des LMZ – kann sich die Lehrkraft zu Themen rund um Medienbildung, Medienpraxis und -kultur informieren. LMZ-Programme wie 101 Schulen, das Eltern-Medienmentoren-Programm oder das Schüler-Medienmentoren-Programm beziehen auch Schülerinnen und Schüler sowie Eltern in diesen Prozess ein und helfen, den Einsatz neuer Medien im Unterricht zu erleichtern sowie aktuelle Medienthemen in das Schulleben zu integrieren.

Quellen

[1] Bovet, Gislinde/Huwendiek, Volker (Hrsg.):

Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrberuf. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2008, S. 170. zurück nach oben

[2] Bovet, Gislinde/Huwendiek, Volker (Hrsg.):

Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psychologie für den Lehrberuf. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2008, S. 170. zurück nach oben

[3] Hüther, Jürgen:

Mediendidaktik. In: Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hrsg.): Grundbegriffe Medienpädagogik. 4., vollständig neu konzipierte Auflage. München 2005, S. 234. zurück nach oben

[4] Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.):

[5] Sesink, Werner:

Neue Medien. In: Sander, Uwe/von Gross, Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden 2008, S. 411. zurück nach oben

[7] Kerres, Michael:

Mediendidaktik. In: Sander, Uwe/von Gross, Friederike/Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden 2008, S. 118. zurück nach oben

Magdalena Steiner

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