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Begriff „Medien“

Es gibt keine eindeutige Definition des Begriffs Medien. Beispiele für Medien können sein:

  • Printmedien wie etwa periodisch erscheinende Presseerzeugnisse
  • Fachmedien
  • elektronische Medien, unter anderem über Funk beziehungsweise Kabel übertragene Medien
  • audiovisuelle Medien
  • Wikipedia beispielsweise verweist in diesem Zusammenhang auch auf:
  • Massenmedien
  • Neue Medien
  • Metamedien, zum Beispiel ein Kabelnetz
  • Hypermedia, zum Beispiel das World Wide Web

In diesem Artikel wird der Begriff Medien verwendet als Bezeichnung für Hilfsmittel und Werkzeuge der Kommunikation, die mit Hilfe technischer Verfahren hergestellt wurden (zum Beispiel Bücher und Zeitungen, Bilder, Fotografien; sogenannte sekundäre Medien) oder solche, bei denen sowohl zur Erzeugung als auch zur Aufnahme der Mitteilung technische Hilfsmittel nötig sind (wie zum Beispiel bei Schallplatte, Radio, Fernsehen und Computer; sogenannte tertiäre Medien).

Der Begriff Medien bezieht sich also auf

  • Medienprodukte (Buch, Zeitung, Tonträger, Film, Fernsehsendung etc., unabhängig davon, ob sie in digitaler oder analoger Form vorliegen),
  • auf die Institutionen, durch die Medien hergestellt und verbreitet werden,
  • auf die Medientechnologien (Computer, Übertragungstechnologien, Verfahren der Bewegtbildaufzeichnung, Drucktechniken etc.) und auf
  • die Medien als symbolische Codes, also die Darstellungsformen und -formate und die dabei verwendeten Zeichen.

Die Kommunikation durch Gesten, Körperbewegungen, Berührungen, gesprochene Sprache und so weiter (sogenannte primäre Medien) gehört nicht zum Bereich der Medien, wie sie hier verstanden werden.

Junge Menschen mit Tablets und Smartphones an einem Holztisch

GettyImages/Tijana87

Mediatisierung der Gesellschaft

„Lebenswelten sind Medienwelten, Medienwelten sind Lebenswelten“: Diese Feststellung von Dieter Baacke ist hierzulande in der Medienpädagogik zum geflügelten Wort geworden. Dahinter steckt die Tatsache, dass der Alltag von Medien und den damit verknüpften Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmt ist. Wissenschaftler sprechen inzwischen von der sogenannten Mediatisierung der Gesellschaft.

„Wir leben in einer historischen Phase, in der immer mehr neue Technologien entstehen, die durch die Verwendung und Etablierung in Kultur und Gesellschaft zu Medien werden, wobei diesen dabei eine immer größere Bedeutung zukommt. [...] Es macht [sic] Sinn, den grundlegenden und rapiden Wandel von Medien und Kommunikation, den wir erleben und der uns als Menschen, Zivilbürger und als WissenschaftlerInnen herausfordert, mit dem Konzept der Mediatisierung zu fassen.“ Friedrich Krotz (Universität Bremen) betont dabei, dass Mediatisierung als „Wandel von Kommunikation“ verstanden werden muss und nicht nur auf ein Mehr an Medien reduziert werden darf.

Wie fundamental dieser Wandel ist, drücken Praktiker wie Wissenschaftler ganz ähnlich aus: Es hat eine digitale Revolution stattgefunden, die in den vergangenen Jahren unglaubliche Entwicklungen ermöglicht und vielfältige Chancen eröffnet hat, die wir heute nicht mehr missen möchten. Schlicht und pragmatisch formuliert es Walter Klingler vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest: „Das Internet hat die Welt verändert.“ Bezogen auf die sozialen Netzwerke heißt es dort: „Sie haben eine Auflösung von Gewohnheiten mit sich gebracht, die der durch die Digitalisierung bedingten technischen Veränderung in nichts nachsteht.“

Aktuelle Zahlen zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen, die diese Mediatisierung konkret fassbar machen, veröffentlicht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest regelmäßig in seinen JIM- und KIM-Studien.

Entwicklungslinien im Medienbereich

Ein Ende der Entwicklung von IT-Technologien und digitaler Medien ist noch lange nicht absehbar. Vielmehr unterliegen sowohl die Technologien als auch die Inhalte einem steten und vor allem unglaublich schnellen Wandel. Viele Aspekte dieses Wandels sind für Lehren und Lernen bedeutsam. Als grundlegend können folgende Elemente gelten:

  • Es zeigt sich eine zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche. Für sehr viele Vorgänge in Alltag und Beruf sind IT-Technologien im Einsatz, ohne die diese Vorgänge nicht mehr denkbar sind. Das gilt für Entwicklungs- und Produktionsprozesse in der Industrie ebenso wie für den Büroalltag oder private Bankgeschäfte.
  • Mediengeräte und Medieninhalte sind mobil nutzbar – an jedem Ort, zu jeder Zeit.
  • Die Nutzerinnen und Nutzer sind selbst aktiv als Inhaltslieferanten tätig, sie werden vom User zum sogenannten Produser, also zum User und Produzenten in einer Person. Interaktivität als Möglichkeit zu Rückmeldung, Eingreifen und Gestalten ist ein Wesensmerkmal der digitalen Medien. Franz Josef Röll spricht auf den Lernprozess bezogen davon, dass die Lernenden zu „Ko-Konstrukteuren des intendierten Lernprozesses“ werden.
  • Orientierung in und Nutzung von digitalen Medien erfolgt globalisiert. Die Userinnen und User bewegen sich weltweit und blicken über den lokalen Horizont hinaus.
  • Hinsichtlich der Bildungsprozesse – und zwar aller Bildungsprozesse – gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass sie medial gestützt stattfinden.
  • Informelles Lernen nimmt zu. Der Erwerb von Wissen und Kompetenzen ist nicht mehr unbedingt an eine Bildungseinrichtung, an feste Orte und Zeiten geknüpft.
  • „Der gebildete Mensch wird in einer Wissensgesellschaft nicht mehr im Sinne eines zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgebildeten Menschen gedacht, sondern als ein lebenslang lernendes Individuum“.
  • Virtuelle Welt und reale Welt verschmelzen zunehmend. Deutlich wird dies beispielsweise daran, dass Jugendliche ihren Freundeskreis in der realen Welt eins zu eins im Netz abbilden und Beziehungen online wie offline gleichermaßen gepflegt werden.
  • Die Grenze zwischen privat und öffentlich wird durchlässig.

Begriff „Medienbildung“

Wenn der Medienbegriff so vielschichtig ist, muss sich die Medienbildung ebenfalls mehrdimensional aufstellen. Sie muss technische, wirtschaftliche, ästhetische und kommunikative Aspekte ebenso aufgreifen wie medienspezifische Codes, gesellschaftliche Vernetzung, Symbolgehalte und die Konstruktion von Wirklichkeit durch Medien und schließlich jeweils persönliche Be- und Verarbeitungsstrategien. (Der Begriff Medienbildung wird hier übrigens weiterhin verwendet, obwohl er in den vergangenen Jahren ebenso in der Diskussion stand wie der Begriff der Medienkompetenz).

Winfried Marotzki greift im Zusammenhang mit dem Begriff Medienbildung die Frage auf, was überhaupt unter Bildung zu verstehen sei. Er bezieht sich dabei auf das Bildungskonzept von Wolfgang Klafki und kommt zu dem Schluss:

„Das Lernen und die Erziehung, die wir der nachfolgenden Generation auferlegen, ist in einem bildungstheoretischen Reflexionsrahmen gerade dadurch gekennzeichnet, jene Flexibilität aufzubauen, die heute und morgen benötigt wird, um die Komplexitätsschübe und gesellschaftliche Transformationen im Zeitalter der Informationsgesellschaft verantwortlich gestalten zu können.“

Und zur Medienbildung heißt es bei Marotzki:

„Maßgebend für den Gedanken der Medienbildung ist mithin der Umstand, dass erstens Artikulationen von Medialität nicht zu trennen sind, und dass zweitens mediale Räume zunehmend Orte sozialer Begegnung darstellen, dass also mediale soziale Arenen in den Neuen Medien eine immer größere Bedeutung für Bildungs- und Subjektivierungsprozesse einnehmen“.

Folgende Inhaltsbereiche der Medienbildung werden gemeinhin genannt:

  • Die „Gestaltungsmöglichkeiten von Medien“ (schriftliche Texte, Bilder, Hörbeiträge, Filme und digitale Medien),
  • das Wissen über „Medieneinflüsse“ (auf Emotionen, Wissen, Realitätsvorstellungen, Verhalten und Wertorientierungen) und
  • Kenntnisse über die „Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung“ (technische und ökonomische Bedingungen, rechtliche Bedingungen sowie institutionelle und politische Bedingungen) genannt.

Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg unterteilt die Medienbildung im Großen und Ganzen in zwei Bereiche:

  • das Lehren und Lernen mit Medien und
  • das Lehren und Lernen über Medien.

Das Lernen mit Medien meint dabei zu allererst den Einsatz von Medien in Lehr- und Lernprozessen und berücksichtigt auch das Feld der Mediendidaktik. Hier steht die Frage im Mittelpunkt: Wie kann ich Medien – also ein Medium, Medientechnologie, eine Medienproduktion oder neuerdings zum Beispiel eine Web-2.0-Anwendung oder eine App – in Schule und Unterricht einsetzen; und mit welchem didaktischen Ziel? Weitere Überlegungen dazu sind im Artikel Lernen mit Medien ausführlich dargestellt.

Das Lernen über Medien umfasst vor allem das Verstehen der Wirkungsweisen von Medien und beinhaltet Kenntnisse über verschiedene Medienprodukte, Medieninstitutionen, Medientechnologien, über wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Gegebenheiten und Zusammenhänge sowie Aspekte der Persönlichkeitsbildung und die Ausprägung eines mediengestützten wie medienorientierten Wertesystems. Hier geht es für Pädagoginnen und Pädagogen um die Frage: Was muss ich vermitteln, um zum Beispiel bei Jugendlichen die für das tiefere Verständnis der Wirkungsweisen von Medien erforderlichen Kompetenzen, Kenntnisse und Wertevorstellungen auszubilden? Zu diesem Thema gibt der Artikel Lernen über Medien mehr Auskunft.

Eine so verstandene verantwortungsbewusste Medienbildung bezieht die Gegebenheiten der Gesellschaft ein und lässt Kinder und Jugendliche nicht allein mit den Medien. Entgegen den Thesen von Manfred Spitzer zeigt sie Möglichkeiten auf, digitale Medien sachgerecht, verantwortungsvoll, selbstbestimmt, genussvoll und schließlich souverän zu nutzen. Ihr Anliegen ist es, einerseits den gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung zu tragen und andererseits Anleitung, Begleitung, Unterstützung anzubieten, damit Kinder und Jugendliche nicht computersüchtig, traurig, dick oder sonst was werden, wie es Manfred Spitzer behauptet.

Eine fundierte, zeitgemäße und umfassende Medienbildung ist zum einen für die Bewältigung aktueller Lebens- und Entwicklungsaufgaben junger Menschen von entscheidender Bedeutung, zum anderen ist sie ein unverzichtbarer Beitrag zur Qualifikation und Stärkung von Kindern und Jugendlichen für ihre spätere Arbeits- und Berufswelt, ihre gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe sowie ihre persönliche Lebensgestaltung.

Dieter Spanhel fasst Medienbildung schön zusammen und leitet gleich über zum Begriff Medienkompetenz:

„Im engeren Sinne ist dann Medienbildung ein Aspekt der Persönlichkeitsbildung als Prozess und als Ergebnis des Prozesses der Vermittlung von Welt und Selbst durch Medien. Medienbildung ist ein Prozess, in dem der Heranwachsende und der Erwachsene sein ganzes Leben hindurch eine kritische Distanz zu den Medien und ihren Weiterentwicklungen aufbaut und eine Verantwortungshaltung gegenüber den Medien und im Umgang mit ihnen einnimmt. In diesem Kontext wird dann Medienkompetenz zusammen mit anderen Kompetenzen (zum Beispiel Sozial-, Fach- oder Selbstkompetenz) zu einer wesentlichen Voraussetzung für Persönlichkeitsbildung. Wesentlich deshalb, weil ohne Medienkompetenz überhaupt keine Bildung möglich ist, weil alle Bildung auf dem repräsentationalen Denken, also auf dem Zeichengebrauch beruht. In diesem Sinne müsste Medienbildung als Teil der Allgemeinbildung gesehen werden.“

Medienkompetenz und Medienbildung

Medienbildung vermittelt also die erforderlichen Medienkompetenzen, die für den selbstbestimmten, sozial verantwortlichen und kreativen Umgang mit den Medien erforderlich sind, sie trägt aber auch zur Herausbildung wichtiger methodischer Kompetenzen (Lern- und Arbeitsprozesse organisieren, Recherchieren, mit Informationen umgehen, Wissen organisieren usw.) bei, die für ein lebenslanges Lernen erforderlich sind.

Bernd Schorb dagegen bezeichnet Medienbildung als Ziel, das durch die Ausbildung diverser Medienkompetenzen erreicht wird:

„Medienbildung und Medienkompetenz müssen sich dann nicht ausschließen, wenn man erstere als Ziel medienpädagogischen Handelns sieht, zu dessen Erreichen Medienkompetenz als Bündel von Fähigkeiten ausgebildet werden muss. Medienkompetenz kann, um im Bilde zu bleiben, als die Schrittfolge auf dem Weg zur Medienbildung gekennzeichnet werden“.

Medienkompetenz und Sozialisation

Seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts, als Dieter Baacke den Begriff der Medienkompetenz geprägt hat, ist er in vielfältiger Weise weiterentwickelt und einer kritischen Würdigung unterzogen worden. Manche Wissenschaftler sprechen von Dimensionen (unter anderem Aufenanger) der Medienkompetenz, andere sprechen von Feldern (Baacke) oder Themenfeldern (unter anderem Schelhowe), wieder andere von Bereichen (unter anderem Spanhel). Allen ist gemein, dass sie Medienkompetenz in verschiedene Kompetenzen ausdifferenzieren und die Bereiche Wissen, Bewerten, Handeln (Schorb) mitdenken.

An dieser Stelle soll nun nicht die wissenschaftliche Diskussion fortgeführt, sondern stattdessen skizziert werden, was zur Medienkompetenz nach allgemeiner Auffassung dazu gehört. Das LMZ stimmt dabei überein mit dem Bericht der Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur“ aus dem Jahr 2010, in dem es heißt:

„Die Entwicklung der Persönlichkeit als ein Sich-ins-Verhältnis-Setzen zur Welt kann heute nicht ohne technologische Bildung und ohne Medienbildung verstanden werden. [...] Technologische Innovation ist in der Bundesrepublik Deutschland eine wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.“

Das bedeutet aus Sicht des LMZ: Sowohl von Einzelpersonen als auch von der Gesellschaft aus gesehen ist Medienbildung eine pure Notwendigkeit. Bernd Schorb hat das treffend formuliert: „[...] weil das Durchdringen sämtlicher Lebensbereiche mit Medien und damit die potenzielle Gleichsetzung von Welt und Medien auf Seiten der Subjekte umfassende Kompetenzen zur Bewältigung der daraus folgenden Aufgaben für ihr Denken und Handeln erfordert.“

Ebenso deutlich formulieren es Winfried Marotzki und Benjamin Jörissen:

„Das Hineinwachsen in die gegenwärtige Wissensgesellschaft, die Prozesse der Erziehung, des Lernens und der Bildung sind von Medien nicht mehr zu trennen. Moderne Medien sind nicht etwas, was als Ingredienz von Sozialisation anzusehen ist, sondern Sozialisation in der Moderne ist immer schon unhintergehbar mediale Sozialisation.“

Medienkompetenz-Modelle

Ein kurzes Wort zum Begriff der Kompetenz: Der Psychologe Franz Weinert versteht unter dem Begriff Kompetenz „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ Der Begriff Kompetenz weist also weit über reines (Fach-)Wissen hinaus und bezieht sich auf das jeweilige Subjekt.

Da sich die allermeisten Autorinnen und Autoren auch heute noch auf Dieter Baacke beziehen – auf ihn geht der Begriff der Medienkompetenz zurück – seien hier nochmals kurz die Elemente benannt, die für ihn zur Medienkompetenz gehören:

  • die Medienkritik, bei der die Analyse problematischer gesellschaftlicher Vorgänge (zum Beispiel Medienkonzentration) gemeint ist, und die Auswirkungen auf persönliche Haltungen. Dazu gehört auch eine ethische Dimension, die eigenes Denken und Handeln sozialverantwortlich ausrichtet.

Außerdem

  • die Medienkunde, die das Wissen über heutige Medien und Mediensysteme meint; dazu gehört, dass man die neuen Geräte auch bedienen kann, aber auch das Wissen, was beispielsweise ein „duales Rundfunksystem“ ist oder wie Journalisten arbeiten.

Natürlich folgt

  • die Mediennutzung: Dazu gehört die eigene persönliche Programm- oder Dienst-Nutzung wie beispielsweise das Fernsehprogramm oder Tele-Banking

sowie

  • die Mediengestaltung, worunter Baacke innovative und kreative Formen eigener Medienproduktionen versteht.

An manchen Begrifflichkeiten ist zu erkennen, dass diese Formulierungen schon ein paar Jahre alt sind. Allerdings kann man die Bereiche Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung ohne Probleme für heutige Gegebenheiten anpassen. Derartige Ausdifferenzierungen des Begriffs Medienkompetenz gibt es bereits in großer Zahl, die zum Teil in früheren/anderen Beiträgen auf diesen Seiten thematisiert werden. Auch wenn zum Teil Aktualisierungen notwendig erscheinen mögen, bieten sie doch verschiedene Zugänge und Facetten der wissenschaftlichen Diskussion – daher seien hier ausgewählte Ansätze nochmals aufgeführt:

Der Begriff der Medienkompetenz hat sich – wie bereits erwähnt – inzwischen weiterentwickelt. So gehen Heidi Schelhowe von der Universität Bremen und zahlreiche weitere Experten im Bericht der Expertenkommission des BMBF „Kompetenzen in einer digitalen Kultur“ von vier Themen- und Aufgabenfeldern aus, denen folgende Fragen zugrunde liegen: „Welche Kompetenzen brauchen junge Menschen für die Entwicklung ihrer individuell geprägten Persönlichkeit, um in der Gesellschaft Orientierung zu finden und sich in der Arbeitswelt behaupten zu können? Was müssen sie von den Digitalen Medien verstehen, um ihre Fähigkeiten entfalten, sie einbringen und vertiefen zu können? Wie müssen sie Digitale Medien zu nutzen und zu gestalten wissen? Welche Medienkompetenzen bringen sie aus ihrem alltäglichen Medienhandeln mit?“.

 

Die vier Themen- und Aufgabenfelder sind:

 

Information und Wissen

Dazu heißt es unter anderem „Informationsverarbeitung und Wissensgenerierung stellen für die Bundesrepublik Deutschland als ein rohstoffarmes Land eine zentrale gesellschaftliche Ressource dar. [...] Für die Individuen ergeben sich neue Möglichkeiten, sich weit über den lokalen Horizont hinaus und auch in entdeckender und spielerischer Weise im weltweiten und multimedialen Netz zu orientieren, das Blickfeld zu erweitern und sich unabhängiger und selbstbestimmter zu informieren. Insbesondere bieten die digitalen Technologien die Möglichkeit, sich in bisher nicht bekanntem Maße an der Erstellung und Verbreitung von Informationen zu beteiligen. Dies stellt bereits an sehr junge Menschen die Herausforderung, sich einer erhöhten Verantwortung bewusst zu werden und zu stellen.“

Daraus werden verschiedene Kompetenzen abgeleitet, die es im Laufe des Lebens zu erwerben und lebenslang weiterzuentwickeln gilt, etwa verschiedene Informationsquellen zu nutzen, zielgerichtet auszuwählen und zu bewerten.

Kommunikation und Kooperation

„Erfolgreiches und sozial verantwortliches Agieren in der Lebenswelt, insbesondere aber in der Arbeitswelt, kann nur im Zusammenhang mit Kommunikation und Kooperation gesehen werden. Digitale Medien haben diesen Prozess beschleunigt, und es sind neue Herausforderungen, Bedingungen und Mittel für Kommunikation und Kooperation entstanden.“

Auch daraus werden Kompetenzen definiert, die es zu erwerben gilt, wie etwa einen respektvollen Umgang miteinander oder „sich in den spezifischen und sich ändernden Verhältnissen zwischen dem privaten Bereich und einer (politischen) Öffentlichkeit bewusst entscheiden.“

Identitätssuche und Orientierung

„Die Entwicklung der Persönlichkeit als ein Sich-ins-Verhältnis-Setzen zur Welt kann heute nicht ohne technologische Bildung und ohne Medienbildung verstanden werden. Im Netz und in den virtuellen Gemeinschaften bewegen sich die meisten jungen Menschen wie selbstverständlich. Diese Umgebungen spielen eine ganz wesentliche Rolle in ihrer Sozialisation, im Freizeitverhalten, in der Selbstfindung, der Ausbildung von Gemeinschaftlichkeit und darin, wie junge Menschen sich ins Verhältnis zur Welt setzen.“

Als dazugehörige Kompetenzen werden unter anderem die Entwicklung von Problemlösungsstrategien, technologische Kompetenzen, die Befähigung zu einem digitalen Identitätsmanagement und Entwicklung eines Bewusstseins für die digitales Lernen und angemessene Formen digitaler Artikulation genannt.

Digitale Wirklichkeiten und produktives Handeln

„Mit der Verbreitung der Digitalen Medien haben immer mehr Lebens- und Arbeitsbereiche eine doppelte Existenz bekommen. Sie existieren in der stofflich-physikalischen Welt, haben aber auch eine Repräsentation in der digitalen Welt. Beide Welten sind kaum zu trennen... Dies bedeutet, dass die spezifischen Zusammenhänge und Herstellungsweisen zwischen virtuellen und physikalischen Wirklichkeiten sowie die Rolle der automatisierten, verarbeitenden Prozesse in ihren Grundprinzipien verstanden werden müssen, um sich in beiden Wirklichkeiten und zwischen ihnen erfolgreich bewegen und handeln zu können. [...] Das heißt auch, dass Aufgeschlossenheit und Beteiligung an Innovationen nur dadurch zu gewährleisten sind, dass Anwendungswissen mit Wissen über IT und Medien verknüpft werden kann.“

Daraus kann als Kompetenz das Verstehen der Wirkungsweisen von Medien abgeleitet werden um bei Jugendlichen unter anderem auch Wertevorstellungen auszubilden.
Das LMZ hat bei der Entwicklung seines medienpädagogischen Unterstützungssystems für Schulen und Lehrkräfte, Eltern und Jugendliche diese vier Themen- und Aufgabenfelder im Blick und macht zu den einzelnen Bereichen zielgruppenspezifische und bedarfsorientierte Angebote. Darüber hinaus hat das LMZ seiner Arbeit das „Kompetenzorientierte Konzept für die schulische Medienbildung“ der Länderkonferenz MedienBildung (LKM) zu Grunde gelegt. In diesem Papier wird vor allem die schulische Medienbildung in den Blick genommen, die auch für das LMZ der zentrale Aufgabenbereich ist. Einleitend heißt es in dem Konzept: „Der Erwerb von Medienkompetenz versteht sich einerseits als Teil von Allgemeinbildung und somit jener Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, über die ein gesellschaftlich handlungsfähiges Subjekt verfügen sollte. Andererseits ist darin eine bedeutsame Erziehungsaufgabe zu sehen als Beitrag zur allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung, die aus Wissen und Können, Anwenden und Gestalten sowie Reflektieren und Handeln erwächst.“ Schulische Medienbildung wird in diesem Papier in sechs Kompetenzbereiche aufgeteilt:

  • Information
  • Kommunikation
  • Präsentation
  • Produktion
  • Analyse
  • Mediengesellschaft

Diese Kompetenzbereiche weisen, wie das Papier betont, vielfältige Wechselbeziehungen und Zusammenhänge auf, wobei der Bereich Mediengesellschaft eine Art Querschnittsthema darstellt, das sich in allen anderen Kompetenzbereichen wiederfindet. Zu berücksichtigen sind demnach auch „jeweils relevante Aspekte des Urheber- und Persönlichkeitsrechts, des Datenschutzes, des Jugendmedienschutzes u. ä.“ In all diesen Bereichen sollten sich Schülerinnen und Schüler spätestens bis zum Ende der 10. Klassenstufe verschiedene Kompetenzen erarbeiten und aneignen, um als medienkompetent gelten zu können. Diese Überlegungen hat später auch die Kultusministerkonferenz aufgegriffen: In ihrer Erklärung unter dem Titel „Medienbildung in der Schule“ vom 8. März 2012 finden sich in anderen Worten die Begriffe von Dieter Baacke zur Beschreibung von Medienkompetenz wieder – Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung.

Fazit

Unter Medienkompetenz ist nicht eine einzige Kompetenz zu verstehen, sondern es handelt sich um verschiedene Kompetenzen, die schlussendlich zu Medienkompetenz führen. Nach Ansicht des LMZ handelt es sich um einen wesentlichen Teil der Persönlichkeitsbildung, die ein gelingendes Privat- und Berufsleben ermöglicht und in der digitalen Gesellschaft als lebenslange Fortentwicklung anzulegen ist.

Die Expertenkommission des Bundestages fordert daher in einer guten und knappen Zusammenfassung: „Digitale Medien nutzen, ihre Potenziale verstehen, sie kritisch beurteilen, mit ihnen interagieren und sie gestalten und mit Medien am sozialen Leben und an der Gesellschaft teilhaben.“

Handouts

Marotzki, Winfried/Jörissen, Benjamin: Dimensionen Strukturaler Medienbildung

2009 | Jörissen, Benjamin/Marotzki, Winfried (Hg.): Medienbildung – Eine Einführung. | Verlag Julius Klinkhardt

Benjamin Jörissen und Winfried Marotzki legen eine Einführung in das Konzept der strukturalen Medienbildung vor. In ihrem Buch führen sie klassische modernitäts- und bildungstheoretische Überlegungen mit Diskursen der Bild- und Filmtheorie zusammen, wobei sie nie aus dem Auge verlieren, dass Sozialisation heute grundlegend medial erfolgt. Der Textausschnitt ist dem zweiten Kapitel entnommen und beruft sich auf Kants vier berühmte Fragen als grundlegende Orientierungsdimensionen für die Medienbildung: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?

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Spanhel, Dieter: Medienkompetenz als Schlüsselbegriff der Medienpädagogik?

2002 | forum medienethik 1/2002, Medienkompetenz – Kritik einer populären Universalkonzeption. | kopaed verlagsgmbh

Spanhel zufolge lebt der postmoderne Mensch in einer Welt medial konstruierter Zeichen. Der Autor vertritt die These, dass die von der Schule vermittelten Kulturtechniken des Lesens und Schreibens längst nicht mehr ausreichend seien für eine kompetente Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Schon durch ihren „natürlichen“ Kontext würden die Kinder heute nicht zu unterschätzende Medienkompetenzen erwerben. Gerade deshalb sei eine systematische Medienerziehung notwendig, die soziale, kulturelle und ethnische Einseitigkeiten ausgleicht und die formalen Merkmale des Zeichengebrauchs reflektiert.

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Schorb, Bernd: Gebildet und kompetent

2009 | merz. Medien + Erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik. 53. Jahrgang, Nr. 5. | kopaed verlagsgmbh

Medienkompetenz beschreibt die Fähigkeit, sich Medien auf der Basis strukturierten Wissens und einer ethischen Bewertung anzueignen. In den letzten Jahren tendierten Erziehungswissenschaftler dazu, den Begriff „Medienkompetenz“ durch den der „Medienbildung“ zu ersetzen, da ihrer Ansicht nach beide Begriffe im Gegensatz zueinander stehen. Ob und inwieweit dies gerechtfertigt erscheint, untersucht Bernd Schorb anhand einschlägiger Werke der Medienpädagogik.

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Baacke, Dieter: Im Datennetz. Medienkompetenz (nicht nur) für Kinder und Jugendliche als pädagogische Herausforderung.

1999 | GMK (Hrsg.): Ins Netz gegangen. Internet und Multimedia in der außerschulischen Pädagogik. | Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur

Dieter Baacke betrachtet zunächst die zu erwartenden Veränderungen in der Informationsgesellschaft (Wandel von Medienwelten) und zeigt auf, wie diese Veränderungen von den Kindern und Jugendlichen erfahren werden und welche Gefahren in den neuen Entwicklungen liegen (Stichwort: Wissenskluft). Ausgehend von diesen Überlegungen entwickelt er einen umfassenden Medienkompetenzbegriff, der zum einen Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung beinhaltet, aber auch soziale und kulturelle Zielwerte nicht aus dem Blick verliert.

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Links

Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (MPFS)

Der Forschungsverbund veröffentlicht regelmäßig Studien zur Mediennutzung von Kindern (KIM-Studie) und Jugendlichen (JIM-Studie). 2021 wurde zum ersten mal die SIM-Studie (Senior/-innen, Information, Medien) veröffentlicht, welche den Medienumgang älterer Personen in Deutschland untersucht.

Zur Website

KIM-Studie

JIM-Studie

SIM-Studie

Länderkonferenz MedienBildung (LKM)

Die LKM ist ein freiwilliger Zusammenschluss der Leiterinnen und Leiter der Landesmedienzentren und der entsprechenden Medienabteilungen in den pädagogischen Landesinstituten. Die Mitglieder treffen sich jährlich im Herbst zu einer Länderkonferenz Medien und Bildung.

Zur Website

Quellen

[2] Baacke, Dieter:

Medienkompetenz. In: Baacke, Dieter/Kornblum, Susanne et al. (Hrsg.): Handbuch Medienkompetenz. Bonn 1999, S. 31. zurück nach oben

[3] Krotz, Friedrich:

Mediatisierung als Metaprozess. In: Hagenah, Jörg/Meulemann, Heiner (Hrsg.): Mediatisierung der Gesellschaft? Berlin 2011, S. 24. zurück nach oben

[6] Röll, Franz Josef:

Medienpädagogische Trends. In: Ganguin, Meister (Hrsg.): Digital native oder digital naiv? München 2012, S. 55. zurück nach oben

[7] Herzig, Bardo:

Medienbildung. Grundlagen und Anwendungen. München 2012, S. 8. zurück nach oben

[10] Vgl. Tulodziecki, Gerhard/Bardo, Herzig/Silke, Grafe:

Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlagen und Beispiele. Bad Heilbrunn 2010, S. 187. zurück nach oben

[15] Marotzki, Winfried/Jörissen, Benjamin:

Medienbildung – eine Einführung. Bad Heilbrunn 2009, S. 239. zurück nach oben

[16] Weinert, Franz E. (Hrsg.):

Leistungsmessung in Schulen. Weinheim/Basel 2001, S. 27. zurück nach oben

[19] Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):

[20] Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):

[21] Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):

[22] Expertenkommission des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):

Ingrid Bounin

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