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Die Auswirkungen sind immer negativ

Ob „Glaubenskrieger“ oder Troll, ob der Wunsch nach Meinungsführerschaft, Ausdruck einer Phobie oder vermeintlicher Spaß: Es kommt nicht auf die Motivation an, denn Auswirkungen digitaler Hassreden sind immer negativ. Auf der einen Seite steigert jemand möglicherweise sein Selbstbewusstsein, auf der anderen wird das Selbstwertgefühl eines anderen Menschen nachhaltig zerstört. Lebendige und spannende Debatten münden in trostloser Stille, wenn sich immer mehr Menschen aus Diskussionen verabschieden. Der Verlust demokratischer Errungenschaften droht, wenn sich die Menschlichkeit aus dem Netz verabschiedet. Trolle und „Glaubenskrieger“ agieren zwar unterschiedlich, da die Motive andere sind, aber zeitweilig können Beiträge beider Tätertypen kaum voneinander unterschieden werden. Denn der „Glaubenskrieger“ tarnt seine Beiträge womöglich als humoristische Einlassung oder der Troll geht argumentativ in eine extreme Haltung, um sich anschließend über die empörten Reaktionen zu amüsieren.

Emojis, die bei Hatespeech verwendet werden

GettyImages/icafreitas

Vorgehen der Hassredner

Wie gehen Hassrednerinnen und Hassredner vor? Der – unvollständige – Versuch einer Zusammenfassung:

  • Mit einer wir-/die-Rhetorik werden negative Eigenschaften bestimmten Gruppen zugeschrieben: „Die greifen unsere Frauen an.“
  • Mit wenn-/dann-Rhetorik werden Handlungszusammenhänge und -zwänge konstruiert: „Wenn ich Asylant wäre, dann würde ich alles vom Staat kriegen.“
  • Betroffene werden so lange beleidigt, bis sie „Ruhe“ geben (= Silencing).
  • Ein Beitrag wird als Humor oder Ironie getarnt.
  • Durch den ständigen Wechsel von Themen (= Themenhopping) soll der Gesprächspartner verwirrt werden.
  • Falschmeldungen (= Hoaxes) dienen der Verbreitung und Verfestigung einer Ideologie.
  • Die Medien werden über Begriffe wie „Lügenpresse“ herabgewürdigt.
  • Mit der Verleugnung des Holocaust wird volksverhetzendes Gedankengut verbreitet.
  • Gerüchte und lückenhafte Darstellungen, einseitige Berichterstattungen, Geschichten aus „Hörensagen“, das Weglassen von Quellen sind Mittel außerhalb einer fairen Debattenkultur und dienen der Verwirrung der Beteiligten.
  • Verschwörungstheorien, wie „der 11. September wurde von Amerikanern initiiert“, „Chinesen haben den Corona-Virus im Labor gezüchtet“ oder „Illuminaten beherrschen die Welt“, sollen Zweifel am vorherrschenden Denken streuen.
  • Rassistische Stereotypisierungen und Verallgemeinerungen sowie eine plakative Bildsprache wie „Dunkelhäutige im Bastrock“, „Muslime in Verbindung mit Sodomie“ usw. und die wiederholte Verwendung herabwürdigender, sexistischer und rassistischer Begriffe wie „Kanake“, „Schwuchtel“ usw. dienen der Abwertung.
  • Vorurteile und Stereotype mit Begriffen wie „Homo-Lobby“, „Asylantenpack“ unterstützen die wir-/die-Rhetorik.
  • Gleichsetzung von nicht Gleichsetzbaren: Juden = Israel, Homosexualität = Pädophilie usw.
  • Instrumentalisierung von Ereignissen, wie z.B. die sexualisierte Gewalt gegen Frauen in der sogenannten „Kölner Silvesternacht“.
  • Tiefergehende Verrohung der Gesellschaft durch Bildung von „Hassgruppen“ und Bündnissen, Androhung von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, Befürwortung oder Aufruf zu Gewalttaten könnten letztlich auch zum Umsturz gegebener gesellschaftlicher Strukturen führen.

Märchenwelt Internet: Fake News und Hatespeech

Besonders heftig gehen die „Glaubenskrieger“ vor, wenn einerseits gegen die „Lügenpresse“ gehetzt, anderseits durch die Verbreitung von Fake News (Englisch für Lügennachrichten) gegen Gruppen oder Gruppenzugehörige gehetzt wird. Aber auch Trolle haben häufig großen Spaß an der Manipulation durch Lüge, stellen naiven Diskutierenden Fallen und weiden sich an aufkeimender Wut oder Leid. Fake News werden in Wahlkämpfen als Kommunikationswaffen benutzt, von einer Bedrohung der Demokratie ist häufig die Rede. Kein Wunder also, dass verschiedene Politiker nach härteren Strafen gegen die Verbreitung von Falschmeldungen rufen. Immer mehr Aufklärung über Fake News findet auch in den Schulen statt. Zum Beispiel hat der bayerische Rundfunk in Zusammenarbeit mit anderen öffentlich-rechtlichen TV-Sendern mit „So geht Medien“ umfangreiches Material über Falschmeldungen, Quellenarbeit oder Fachwissen zu Verschwörungstheorien gesammelt und für präventive Arbeit zur Verfügung gestellt. Mit „Korrespondenten machen Schulen“ werden im Rahmen einer Kooperation SWR-Korrespondenten in Schulen entsendet, um über Fake News aufzuklären. Der SWR hat mit dem Spiel „Fake-Finder“ ein Online-Angebot für Kinder und Jugendliche, indem Schülerinnen und Schüler einen Nachrichtenfeed unter die Lupe nehmen können. Wie leicht die Fälschung von Medien ist, zeigen historische Beispiele der Bildmanipulation, aktuelle Experimente mit Manipulation von Videos in Realzeit oder kommende Neuentwicklungen wie ein Stimmenconverter von Adobe, mit dem ganze Interviews gefälscht werden können, sobald man im Besitz einer Stimmprobe ist. Das Ziel dieser Fälschungen ist, die Bevölkerung so stark zu verunsichern, dass Feindbilder wachsen und der Hass gegen bestimmte Gruppen zunimmt. Diese Methoden sind historisch nicht neu und auch international im Kommen. Umso wichtiger ist es, Fälschungen zu erkennen und sich mit den Mechanismen der Beeinflussung auseinanderzusetzen.

Plattformen entlarven Fake News

Beispiele wie Hoaxmap oder Hoaxsearch gehen den Falschmeldungen nach und unterstützen die verunsicherten Bürger/-innen bei der Quellenarbeit. Im Internetangebot der Tagesschau können Interessierte beim „ARD-Faktenfinder“ nachlesen, wie Redakteure aktuelle fragwürdige Internetmeldungen überprüfen. Auch die österreichisch-deutsche Kooperation Mimikama.at leistet Aufklärungsarbeit, um Fake News auf den Grund zu gehen. Faktenchecker überprüfen fragwürdige Meldungen und stellen ihre Rechercheergebnisse online zur Verfügung. Dem Ursprung mancher Lügengeschichten selbst auf die Spur kommen, kann man beispielweise, indem Teile der Meldung in einer Suchmaschine nachrecherchiert werden und die Bruchstücke als Fund in völlig anderen Zusammenhängen wieder auftauchen. Aber Fake News sind leider nicht immer sofort zu identifizieren, da Fälscher technisch immer weiter aufrüsten. So müssen in der der Schule beim Lernen über Medien unbedingt Kenntnisse über Manipulationsmöglichkeiten von Medien und gute Recherche und Quellenkritik vermittelt werden, um damit die Wachsamkeit der Nutzer/-innen nachhaltig zu schärfen.

Anja Franz

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