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Nacktbilder im Netz: „Take It Down“ will Minderjährigen helfen

Ulrike Boscher
Jugendliche schaut geschockt und ängstlich auf ihr Smartphone.

Geschockt. Schlechte Nachrichten am Handy. | AntonioGuillem/iStock via GettyImages

Kindersicherheit im Netz: Was tun bei ungewollter Verbreitung intimer Bilder?

Verbreiten sich intime Aufnahmen erst einmal im Netz, ist es oft schwierig, eine schnelle Löschung herbeizuführen. Der Dienst „Take It Down“ hilft Minderjährigen, ungewollt verbreitete Nacktbilder wieder offline zu nehmen. Einige große Plattformen wie Instagram, TiKTok und Facebook machen bereits mit.

Dem Schock folgt häufig Verzweiflung und Hilflosigkeit, wenn plötzlich Nacktbilder oder intime Aufnahmen von Minderjährigen im Internet kursieren und sich ungewollt über Social-Media-Kanäle verbreiten. Für Betroffene dreht sich dann alles nur noch um die eine Frage: Wie bekomme ich das Foto schnell gelöscht?

Zwar bieten große Online-Plattformen wie Facebook, Twitter und TikTok die Möglichkeit, unerlaubte Bilder zu melden, doch dauert die Prüfung bis zur Löschung oft zu lange.

Online-Dienst gegen sexualisierte Aufnahmen im Netz

Zum besseren Schutz von Minderjährigen stellt die gemeinnützige US-Organisation National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) nun einen Webdienst zur Verfügung, mit dem die Verbreitung intimer Fotos und Videos verhindert und gestoppt werden kann. „Take It Down“ (deutsch: Lösch das) heißt der Service. Damit können die Betroffenen für jedes Bild, (das sie entfernen lassen möchten), einen Hashwert generieren lassen. Der Hashwert wandelt den Inhalt einer Bilddatei um und weist dem Bild einen numerischen Wert zu. Dieser numerische Wert ist einmalig und gehört immer nur zu einer bestimmten Datei. So entsteht eine Art „digitaler Fingerabdruck“. Jetzt können Suchalgorithmen die Datei erkennen, herausfiltern und löschen.

Das Wichtige bei diesem Vorgang ist: Niemand muss erneut sensibles Bildmaterial hochladen und in Umlauf bringen. Für diese Kennzeichnung verbleiben Fotos und Videos auf den persönlichen Geräten.

Hash-Datenbank für intime Aufnahmen

Die Hashwerte werden in einer Datenbank aufgenommen und an Partnerunternehmen übermittelt, die damit die Suche starten können: Aktuell haben sich Facebook, Instagram, TikTok, OnlyFans und Clips4sale (jeweils kostenpflichtige Plattformen mit erotischen oder pornographischen Inhalten), Porn hub, eine der weltweit größten Pornoseiten und yubo (eine Kennenlern-App aus Frankreich für Jugendliche) bereit erklärt, die "„Take It Down“"-Hash-Liste zu verwenden (vgl. Participating Online Platforms). Damit erklären sie sich bereit, ihre Plattformen nach Bildern und Videos zu durchsuchen. Wird dort ein gemeldeter Hashwert erkannt, kann das entsprechende Bild oder Video identifiziert, von der Anbieter-Plattform überprüft und gesperrt werden. „Mit Take It Down“ lassen sich auch Aufnahmen melden, von denen man nur vermutet, dass sie im Netz landen könnten. Prävention statt Schadensbegrenzung“ (netzpolitik.org).

Auch die EU-Initiative Klicksafe hat „Take IT Down“ kürzlich in einer Kampagne beworben und rät Nutzer/-innen, nicht darauf zu warten, bis heikle Aufnahmen im Netz auftauchen könnten, sondern diese schon vorsorglich mit „Take down“ zu verschlüsseln. Auf diese Weise können die Aufnahmen gar nicht erst auf die oben genannten Plattformen hochgeladen werden, weil der Upload blockiert wird.

Wer darf „Take It Down“ nutzen?

„Take IT Down“ richtet sich an Minderjährige. Sie können ihre Aufnahmen melden, aber auch deren Eltern oder erwachsene Vertraute, die den betroffenen Personen in Krisen-Situation helfen möchten. Die Website „Take IT Down“ ist verständlich und einfach gehalten, aber nur in englischer und spanischer Sprache verfügbar. Klicksafe hat deswegen eine Schritt-für-Schritt-Anleitung in Deutsch veröffentlicht. Wer über 18 Jahre ist, muss andere Anlaufstellen gegen bildbasierte Gewalt nutzen, wie zum Beispiel „Revenge Porn Helpline“, die mit StopNCII einen ähnlichen Dienst anbietet.

Hohe Trefferquote bei identischen Bildern, technische Schwäche bei bearbeiteten Bildern.

Nach Angaben von NCMC ist die Trefferquote von „Take IT Down“ sehr gut, wenn Fotos unverändert bleiben. Hash-Datenbanken zeigen allerdings Schwächen, wenn Fotos bearbeitet wurden. Schon geringfügige Abweichungen zwischen Original und Online-Bild können einen Filter ins Straucheln bringen. Ein nachträglich hinzugefügtes Emoji oder ein Bildzuschnitt können dazu führen, dass ein gesuchtes Foto nicht mehr erkannt wird (vgl. netzpolitik.org: Das kann der neue Filter, der Jugendlichen helfen soll).

Schlechte Narichten: Besorgtes Mädchen kauert am Boden mit Handy in der Hand.

gawrav/E-plus via GettyImages

Prävention: Kinder und Jugendliche für Pornographie im Netz sensibilisieren

Umso wichtiger ist es, dass Kinder und Jugendliche lernen, sich selbst zu schützen, indem sie (auch im engsten Freundeskreis) keinen Nacktaufnahmen zustimmen oder intime Fotos in Chats teilen. Die Realität sieht häufig anders aus: Eine europaweite Umfrage des europäischen Dachverbandes digitaler Bürgerrechtsorganisationen (EDRI) unter 8000 Jugendlichen ergab, dass jeder dritte befragte Jugendliche, schon einmal intime Fotos von sich über Messenger und ähnliches verschickt hat (aus: netzpolitik.org: Zwei Drittel aller Jugendlichen gegen Chatkontrolle).

Kriminalstatistik zeigt Trend: Kinderpornografie im Klassen-Chat

Sorgen bereitet außerdem der zunehmende Trend unter Kindern und Jugendlichen, die selbst kinderpornographische Bilder in Gruppenchats teilen, ohne zu wissen, dass die Weitergabe von sexualisierten Inhalten und pornographischem Material ein strafrechtliches Vergehen ist. „Von rund 28.600 Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Kinderpornografie im Internet waren 54 Prozent minderjährig.“ Das ergab eine Sonderauswertung der polizeilichen Kriminalstatistik 2021 (ZDF. Kinderpornografie im Klassen-Chat. 30.03.2023).

zur Website "Take It down"

„Take It Down“ entfernt Nacktbilder von Minderjährigen aus dem Netz (Klicksafe)

Intime Fotos im Netz. Das kann der neue Filter, der Jugendlichen helfen soll (netzpolitik.org)

Sexualität und Pornographie (LMZ-Portalbereich)

Pornografie auf dem Schulhof – Interview mit Saskia Nakari (LMZ)

Was ist Sexting? (LMZ-Portalbereich)

Ulrike Boscher

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