Definition des Animationsfilmbegriffs

Animation leitet sich vom lateinischen animare (zum Leben erwecken) beziehungsweise von anima (die Seele) ab. Durch mehrere hintereinander folgende Einzelbilder entsteht ein bewegtes Bild. Genau dieselbe Technik wird beim Realfilm verwendet. Der Animationsfilm bietet laut Filmproduzent Thomas Meyer-Hermann „all die großartigen Möglichkeiten des Realfilms und dazu noch die absolute Kontrolle des Regisseurs über jedes Einzelbild“.

Der Trickfilmer kann seiner Kreativität freien Lauf lassen, alles darstellen und sogar Gesetzmäßigkeiten verändern. Er ist in der Lage, sich über Raum und Zeit hinwegzusetzen, neue Formen und Bewegungen zu bestimmen und damit Dinge wahr zu machen, die in der Realität unmöglich sind.

Die Ursprünge des Animationsfilms

Die Wurzeln des Animationsfilms finden sich noch vor der Erfindung des Films und der Erfindung der Fotografie. 1825 erfand der englische Physiker John Ayrton Paris das Thaumatrope. Dabei handelt es sich um eine Papierscheibe mit jeweils verschiedenen Abbildungen auf der Vorder- und Rückseite. Wird die Scheibe mit Hilfe von zwei Schnüren zwischen Daumen und Zeigefinger zum Rotieren gebracht verschmelzen die beiden Bilder zu einem Bild. Ist beispielsweise auf einer Seite ein Vogel und auf der anderen Seite ein Käfig abgebildet, so entsteht der Eindruck, dass der Vogel in dem Käfig sitzt.

1829 veröffentlichte der Belgier Antoine Ferdinand Plateau seine Untersuchungen zum „Netzhauteffekt“. Dabei ging es um die Fähigkeit unseres Auges, den Eindruck eines Bildes nach dessen verschwinden für den Bruchteil einer Sekunde festzuhalten. Das Auge ist aufgrund seiner Trägheit nicht in der Lage das Intervall zwischen zwei schnell nacheinander gezeigten Bildern zu erkennen. Wenn sich die Einzelbilder nur geringfügig voneinander unterscheiden genügen bereits etwa 15 bis 18 Bilder pro Sekunde, damit beim Zuschauer die Illusion einer fließenden Bewegung entsteht. Mit seinen Erkenntnissen entwickelte Plateau 1831 das Phenakistiskop, eine drehbare Scheibe auf der Zeichnungen von Figuren in verschiedenen Bewegungsposen kreisförmig angeordnet sind. Damit immer nur eine Zeichnung sichtbar ist, muss der Zuschauer durch Schlitze sehen, die am Rand einer weiteren Scheibe sind, die sich parallel zur Scheibe mit den Zeichnungen dreht. Durch den Wechsel zwischen Schlitz und Scheibe entsteht der Eindruck einer fortlaufenden Bewegung.

Ebenfalls durch Schlitze müssen die Betrachter des Zoetrops von William Horner blicken. Die Schlitze befinden sich in regelmäßigen Abständen am Rand einer rotierenden Metalltrommel. Durch die Schlitze sind gezeichnete Bewegungszyklen auf Papierstreifen zu sehen, die an der Innenwand der Trommel befestigt sind. Eine Weiterentwicklung des Zoetrops ist das Praxinoscope, das 1877 von Charles-Émile Reynaud erfunden wurde. Durch ein Spiegelprisma in der Mitte der Metalltrommel wurden die Schlitze ersetzt und dadurch ein optischer Ausgleich ermöglicht, der die Dunkelpausen, die beim Beobachten durch die Schlitze zu sehen waren, ausschaltete.

Eadweard Muybridge

Die Sammlungen von Fotos des britischen Fotografen Eadweard Muybridge, die Tiere und Menschen in Bewegung zeigen, werden bis heute von Animationsfilmern und Künstlern für ihre Arbeit genutzt. Muybridge wurde beauftragt die Unsupported-Transit-Theorie bei Pferden zu beweisen. Die Theorie besagt, dass sich beim galoppierenden Pferd zeitweise alle vier Beine in der Luft befinden. Dafür installierte er 12 Fotoapparate entlang einer Pferderennbahn, die von dem vorbeigaloppierenden Pferd über Zugdrähte ausgelöst wurden und bewies mit seinen Aufnahmen die Theorie. Dieses Projekt wurde das Lebenswerk von Muybridge, der in den folgenden Jahren viele Bewegungsaufnahmen produzierte, etwa von fliegenden Vögeln, rennenden Tieren und Menschen, die viele verschiedene Bewegungsabläufe vorführen. 1879 erfand er das Zoopraxiscope, einer Variation des Praxinoscopes von Reynaud, um seine Reihenaufnahmen als eine Art Film einem Publikum präsentieren zu können.

Winsor McCay

Obwohl er selbst Autodidakt war kann man Winsor McCay als den ersten Animationsfilmer bezeichnen. Er war einer der bekanntesten Karikaturisten und Comiczeichner seiner Zeit und nach eigener Aussage führte er den Beginn seiner Arbeit an seinem ersten Animationsfilm auf ein Daumenkino zurück, dass sein Sohn ihm mitgebracht hatte. 1911 wurde der sieben Minuten lange Film – eine Mischung aus Realfilm (McCay zeigt anderen Zeichnern, wie er seine Comicfiguren als Film umsetzt) und Animationsfilm – gezeigt.

1914 führte McCay seinen Film Gertie the Dinosaur vor. Dazu trat er „live“ vor dem an die Leinwand projizierten Animationsfilm auf und interagierte mit dem weiblichen Brontosaurier Gertie aus dem Film, indem er ihr u.a. einen Apfel hinhielt, den sie aus seiner Hand fraß. Mit seiner Zeichenkunst hauchte McCay dem Dinosaurier Leben ein und erschuf damit den ersten künstlerischen Zeichentrickfilm. Obwohl McCay für die Animationsfilmgeschichte so wichtig ist, machte er nur relativ wenige Filme. Das liegt vor allem daran, dass er fast jedes einzelne Bild für seine Filme selbst zeichnete und da das Animieren mit Cel-Folien noch nicht erfunden war, musste zusätzlich auf jedem Bild der Hintergrund gezeichnet werden. An seinem nächsten Film The Sinking of the Lusitania (1918) arbeitete McKay zwei Jahre und erstellte 25 000 Zeichnungen.

Walt Disney

1927 sah Walt Disney den ersten Tonfilm The Jazz Singer. Dies überzeugte ihn davon, dass man Animationsfilme mit Ton untermalen muss, indem man Musik und Geräusche mit der Handlung synchronisiert. Der erste Mickey-Mouse-Film Steam Boat Willie (1927) wurde deshalb speziell als Tonfilm konzipiert und war ein sensationeller Erfolg. Mit dem Film begann das goldene Zeitalter des US-amerikanischen Animationfilms, das bis in die frühen 1960er Jahre anhielt. Walt Disney entwickelte die Kunst des Animationsfilms weiter. Andere Animationsfilmer wie beispielsweise Winsor McCay oder Max und Dave Fleischer hatten die Technik des Animationsfilms vorangebracht aber die Erzählweise wiederholte sich. Walt Disney zeigte in den Mickey-Mouse-Kurzfilmen sein großes erzählerisches Talent. Zwar war Disneys Partner Ub Iwerks der grafische Schöpfer von Mickey Mouse aber für Handlungsentwicklung und Regie war Walt Disney zuständig. Auch andere Mitarbeiter des Disney-Studios führten weitere Grundlegende Erfindungen ein. Drehbuchautor Webb Smith erfand das Storyboard-Verfahren. Davor wurden die Geschichten auf losen Blättern entworfen. Mit Smith wurde jede Zeichnung auf ein separates Blatt skizziert und alle Zeichnungen auf einer Pinnwand festgesteckt. So waren einzelne Handlungen im Ablauf der Geschichte sichtbar und für Veränderungen im Ablauf, konnten Zeichnungen ersetzt oder verschoben werden.

2D-Animation

2D-Animation ist die Kurzform für zweidimensionale Animation und der Sammelbegriff für alle „flachen“ Animationstechniken wie Legetrickfilm, Flachfigurenfilm, Silhouettenfilm, Zeichentrickfilm usw. Der Begriff steht für Animation in der Ebene.

Der Legetrickfilm (auch Sachtrickfilm)

Der Legetrickfilm ist die einfachste und kostengünstigste Form des Animationsfilms. Es werden nur Gegenstände, ein Hintergrund und eine Kamera benötigt. Durch das manuelle Eingreifen zwischen jedem Bild – zum Beispiel das Verschieben der Gegenstände auf der Fläche - wird eine Bewegung simuliert. Der Pionier des Legetricks war der deutsche Kameramann Guido Seeber, der in seinem Film Die geheimnisvolle Streichholzdose Streichhölzer zum Leben erweckte, indem er immer wieder neue Formationen mit ihnen bildete. Seeber war größtenteils in der Werbung tätig. Er verwendete die Legetricktechnik unter anderem auch um Buchstaben zum Leben zu erwecken und diese nach kleinen Bewegungen an der gewünschten Stelle zu platzieren. Aus dieser Technik entwickelten sich der Flachfigurenfilm und der Silhouettenfilm.

Der Flachfigurenfilm (auch Schiebetrick/Cutout-Animation)

Flachfigurenfilme bestehen aus Fotos oder gezeichneten Figuren, die ausgeschnitten und durch Verschiebungen bewegt werden. Bei den Figuren werden meist Gelenke angebracht, um einen besseren und schnelleren Bewegungsablauf zu gewährleisten. Mittlerweile ist diese Technik sehr beliebt, um Sachverhalte bildhaft darzustellen, unter anderem auch aufgrund der preiswerten Herstellung. Ein Beispiel für Flachfigurenfilme sind die Animationssequenzen, die Terry Gilliam für die Filme von Monty Python‘s Flying Circus (Großbritannien 1969-74) produziert hat.

Der Silhouettenfilm

Der Silhouettenfilm oder auch umgangssprachlich Scherenschnittfilm setzt die alte Tradition des Schattentheaters fort. Hierbei werden verschiedene Materialien wie Papier, Pappe, Pergament oder Leder verwendet. Der Schatten der jeweiligen Gegenstände wird auf eine Leinwand, Papier oder Glas projiziert und wiederum abfotografiert. Eine räumliche Optik erlangt man durch den Einsatz von transparentem Papier, das in mehreren Ebenen aufeinander gelegt wird. Der Silhouettenfilm wird oft mit dem deutschen Animationsfilm in Verbindung gebracht, da die bekannte Animatorin Lotte Reiniger mit dieser Technik arbeitete. Sie wurde durch ihren ersten Spielfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed (1926), dem ersten abendfüllenden Animationsfilm, international bekannt. Durch ihre Fingerfertigkeit erschuf Reiniger elegante märchenhafte Gestalten, die sie in den meist orientalischen Geschichten perfekt in Szene zu setzen wusste. Sie erfand auch ein System, um die Bewegungen an die meist klassische Musik anzupassen. Sie erfand auch ein System, die Bewegungen an die meist klassische Musik anzupassen. Sie legte von jedem Stück eine Partitur an und die nötige Anzahl an Bildern der jeweiligen – wie ein Choreograph beim Ballett.

Der Zeichentrickfilm

Bei dieser Animationstechnik sind die gestalterischen Möglichkeiten grenzenlos. Der Animationsfilmer kann mit dem Zeichentrickfilm sowohl realitätsnah als auch abstrakt arbeiten. Unter anderem ist es möglich Veränderungen in eleganten flüssigen Bewegungen zu zeigen. Diese Art der „Formveränderung“ nennt sich „Morphing“. Einer der Morphingspezialisten in Deutschland ist Andreas Hykade. In seinem Film Love and Theft aus dem Jahr 2010 lässt er berühmte Comic- und Filmfiguren und andere ikonische Porträts ineinander verschmelzen.

Technik des Zeichentrickfilms

Der Zeichentrickfilm besteht aus einer Aneinanderreihung gezeichneter Bewegungsphasen. Film wird für gewöhnlich mit einer Bildfrequenz von 24 Bildern pro Sekunde belichtet. Beim Zeichentrickfilm wird mit Phasenverdopplung gearbeitet, das heißt grundsätzlich wird jede Bewegungsphase zweimal auf dem Tricktisch aufgenommen. Die Produktion beginnt normalerweise mit einem Animationsfilmer, der Zeichnungen auf einem Leuchttisch anfertigt.

Die Arbeitsplatte des Tischs besteht teilweise aus einer Milchglasscheibe, die von unten beleuchtet wird. So kann er durch die oberste Zeichnung hindurch sehen und mit den anderen Zeichnungen der Sequenz vergleichen. Früher wurden die Zeichnungen auf transparente Folien, sogenannte Cels, übertragen und darauf koloriert. Die Cels wurden dann auf die Hintergrundbilder gelegt und einzeln abfotografiert. Dadurch mussten die Hintergründe nicht immer wieder für jedes Einzelbild neu erstellt werden. Bei großen Animationsfilmproduktionen zeichnet der Chefzeichner (Schlüsselzeichner) jeweils nur die Anfangs- und Endphase der Bewegung und die restlichen Phasen werden von Zwischenphasenzeichnern ergänzt.

Bis in die 1990er Jahre war dies die verbreiteteste Animationsform. Dann wurde sie durch die 2D-Computeranimation abgelöst. Hierbei werden die Zeichnungen eingescannt und mit dem Computer ergänzt, koloriert und mit dem jeweiligen Hintergrund kombiniert. Im Grunde werden dabei dieselben Schritte ausgeführt wie bei der Handarbeit – auch hier muss ein Künstler die Schlüsselphasen zeichnen und die Farben festlegen. Die Arbeit des Zwischenphasenzeichners allerdings übernimmt der Computer.

Trotz Computertechnik gibt beziehungsweise gab es noch Studios, die Computeranimationen nur in sehr begrenztem Umfang einsetzen und hauptsächlich die klassische Zeichentrickfilmtechnik verwendeten. Das bekannteste Beispiel hierfür ist das japanische Studio Ghibli (Chihiros Reise ins Zauberland). Mit dem Ruhestand des Studiogründers Hayao Miyazaki 2014 befindet sich das Studio momentan jedoch in einer unbefristeten Pause der Filmproduktion.

3D-Animation

Vorbemerkung: Der Begriff 3D-Animation wird meist im Zusammenhang mit 3D-Computeranimationen benutzt (siehe unten). Er wird aber auch als Überbegriff in der Abgrenzung zur 2D-Animation für folgende Animationstechniken verwendet:

Stop Motion oder Objekt-Animation

Dies ist die älteste und einfachste Form der Animation und wurde in der Vergangenheit sehr oft genutzt, um realistische Modelle von Monstern etc. herzustellen, die dann in Realfilmszenen eingesetzt wurden. Dabei werden Modelle (Plastilinfiguren, Puppen, Legosteine etc.) einzelbildweise aufgenommen. Von Bild zu Bild werden sie leicht bewegt, damit im fertigen Film eine flüssige Bewegung zu sehen ist. Durch Regisseure und Animationsfilmer wie Tim Burton (Corpse Bride) und Nick Park (Wallace & Gromit) ist diese Technik auch heute noch beliebt.

Knetanimation oder Claymation

Bei der Knetanimation werden Figuren im Stop-Motion-Verfahren einzelbildweise animiert. Die Figuren können so ausdrucksreich agieren, Metamorphosen durchmachen und physikalisch Unmögliches tun. Die meisten Animationsfilmer verwenden Plastilin um ihre Modelle zu bauen. Der Animationsfilmer Will Vinton ließ sich 1976 den Begriff „Claymation“ schützen, um die Technik zu beschreiben, die er für seine Knetanimationsfilme verwendet. Die bekanntesten Knetanimationen wurden vom der britischen Produktionsfirma Aardman produziert, darunter Wallace & Gromit (1992-2005), Chicken Run (2000) und Shaun das Schaf – Der Film (2015).

Der Puppenfilm

Im Puppenfilm werden Marionetten, Handpuppen und andere Modelle zum Leben erweckt. Hierbei hat man im Vergleich zum Theater keine räumlichen und zeitlichen Einschränkungen mehr. Im Prinzip funktioniert diese Form des Trickfilms wie ein Realfilm, mit der Ausnahme, dass die Hauptdarsteller nur Abbilder von Menschen sind. Aufgrund dieser extremen Ähnlichkeit zum Menschen wird besonders viel Wert auf das möglichst realistisch wirkende Szenebild gelegt. Die Produktionskosten eines Puppenfilms sind im Vergleich zu den anderen Trickfilmtechniken durchaus höher, da wie beim Realfilm ein Studio benötigt wird und mehrere Menschen an dem Filmprojekt beteiligt sind. Die Schwierigkeit bei Puppentrickfilmen liegt im Dialog.

Die meisten frühen Animationsfilmer umgingen diese Hürde, indem sie die Puppen wie zuvor im Puppentheater ohne Mundbewegung sprechen ließen. In Deutschland waren die bekanntesten Vertreter dieser Animationsform die Gebrüder Diel, die in den 30er Jahren begannen. Um das Problem zu lösen, entwickelten sie Puppen mit beweglichen Mündern und rollenden Augenlidern. Durch diese Kniffe wirkten die Figuren lebendiger. Die Gebrüder Diehl produzierten mehrere Kurz- und Werbefilme. Bekanntheit erlangten sie durch die Mecki-Filme

Brickfilm

Durch preisgünstige digitale Kameras und Computer ist die Produktion von Stop-Motion-Filmen heute sehr kostengünstig und einfach. Bei Hobbyanimationsfilmern besonders beliebt sind Filme mit Legosteinen, die Brickfilms genannt werden. Ein bekannter Brickfilm ist der Studentenfilm Die Helden von Bern (Fachhochschule Offenburg, 2002). Der 11-minütige Kurzfilm zeigt die Höhepunkte des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 mit animierten Lego-Figuren. Ein bekannter kommerzieller Brickfilm ist das mehrfach ausgezeichnet Musikvideo zu Fell in Love with a Girl (2002) von der Band The White Stripes, das der französische Filmemacher Michel Gondry produziert hat.

Pixilation

Statt Objekten oder Puppen werden bei Pixilation-Filmen Menschen einzelbildweise abfotografiert. Ihre Bewegungen erhalten dadurch einen Zeitraffereffekt, sie wirken wie leicht stockende Figuren in einem alten Stop-Motion-Film. Pixilation wird häufig in Musikvideos verwendet. Das bekannteste Beispiel ist das Video zu dem Lied Sledgehammer von Peter Gabriel (Aardman, 1985).

Neighbours von Norman McLaren ist der bekannteste Pixilation-Kurzfilm. In dem Film des kanadischen Filmemachers geht es um zwei Nachbarn, die wegen einer Blume, die zwischen ihren Grundstücken wächst, in Streit geraten, weil sie jeder für sich beansprucht. Dabei zertreten sie die Blume, zerstören das Haus, töten die Familien des jeweils anderen und bringen sich am Ende im Kampf gegenseitig um. Für die Einreichung zum Oscar 1953 wurden die Szenen, in der die Tötung der Frauen und Kinder zu sehen ist, entfernt, Jahre später jedoch wieder ergänzt. Merkwürdigerweise wurde der Film in der Kategorie bester Dokumentarfilm (Kurzfilm) angenommen und gewann sogar den Oscar.

3D-Computeranimation

John Lasseters Toy Story

Toy Story ist ein Meilenstein der Animationsfilmgeschichte. Es war der erste vollkommen mit Computern produzierte abendfüllende Animationsfilm. Mit Toy Story bewiesen John Lasseter und die Pixar Studios der Welt, dass es möglich ist, sympathische Figuren mit menschlichen Persönlichkeiten mit Computeranimation zu erschaffen. Vor Toy Story waren die meisten Animationsfilmer sehr skeptisch gegenüber Figuren, die am Computer produziert worden waren. Lasseter und sein Team folgten den Leitsätzen der Figurenentwicklung, die Walt Disney und andere in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts aufgestellt hatten und wandten sie auf ihre mit dem Computer produzierten Figuren an.

„Eine Figur wird erst glaubwürdig und überzeugend, wenn sie eine Persönlichkeit bekommt. Fehlt diese Persönlichkeit, so kann sie die komischsten und interessantesten Dinge tun; der Zuschauer wird sich nicht mit ihr identifizieren, und dann scheint ihr Verhalten unglaubwürdig. Die Folge ist schließlich, dass er sich auch der Story verschließt.“ (Walt Disney)

Spielzeugfiguren als Hauptdarsteller zu verwenden war ein guter Schachzug, denn 1995 waren die Möglichkeiten von Computern noch begrenzt. Computeranimierte Menschen und haarige Tiere konnten noch nicht überzeugend am Computer gestaltet werden, aber Plastikspielzeug war perfekt für die plastikartige Optik und den Mangel an Gelenkigkeit, die damals typisch für computeranimierte Figuren waren. 100 Computer waren für Toy Story ca. 800 000 Stunden im Einsatz, um mehr als 110 000 Einzelbilder zu errechnen.

Produktionsschritte bei 3D-computeranimierten Filmen

Character-Design

Für eine 3D-computeranimierte Figur muss eine Referenz erstellt werden, also eine Zeichnung, die dann digital als 3D-Modell angefertigt werden kann. Um jeden Aspekt und jeden Blickwinkel festzulegen und zu verstehen wird die Figur von vorne, von der Seite, von hinten und eventuell auch von oben oder unten gezeichnet. Diese Informationen sind nötig, um eine entsprechende 3D Figur im Computer zu erstellen. Für ein umfassenderes Design kann auch ein Modell aus Ton oder Plastilin geeignet sein. Das Modell sollte dreidimensional und stabil sein, damit man es in die Hand nehmen und von allen Blickwinkeln betrachten kann. Inzwischen können Modelle auch mit 3D-Scannern direkt in den Computer übertragen werden. Meist sind aber trotzdem Retuschierarbeiten am eingescannten digitalen Modell nötig. Der Hauptunterschied zwischen 2D- und 3D-Animation besteht nun darin, dass bei der 3D-Animation mit allen möglichen Blickwinkeln gearbeitet werden muss. Bei der Erstellung einer 3D-Figur muss der 3D-Modeler also regelmäßig prüfen, ob die Figur aus allen Blickwinkeln plausibel ist.

Modellieren

Das Modell der Figur setzt sich aus Polygonen zusammen, mit denen die Grenzen der Oberfläche festgelegt werden. Ein Polygon ist ein Vieleck, also eine geometrische Figur, bei der mindestens drei Eckpunkte miteinander durch Geraden verbunden werden. Durch die Kombination und Modifikation geometrischer Grundformen, wie Würfel, Kegel, Kugel oder Zylinder kann jedes 3D-Modell erstellt werden. Auch die Hintergründe werden modelliert. Sie unterscheiden sich von den Figuren darin, dass es sich um eine feste dreidimensionale Umgebung handelt. Natürlich können diese Umgebungen auch animiert werden, wenn es sich beispielsweise um Tornados oder Vulkane handelt.

Ein fertiges Modell ist zunächst ein sorgfältig ausgearbeitetes hohles Gerüst, das sich noch nicht selbst bewegen kann. Um das Modell animieren zu können, muss es entsprechend aufgebaut werden. Dazu wird innerhalb des Modells ein gelenkiges Skelett (Rig) platziert. Das Skelett muss alle Gelenkbewegungen, wie die der Schultern, Ellenbogen, Hüften oder Knie, berücksichtigen. Beim Rigging wird also festlegt, wie sich die einzelnen Teile des Polygonnetzes bewegen können. Wenn sich die Oberfläche eines Modells durch eine bestimmte Gelenkbewegung verformt muss die Polygonanordnung entsprechend überarbeitet werden.

Der letzte wichtige Arbeitsschritt beim Modellieren der Figur ist das Anbringen der Textur. Bisher gibt es das Modell nur als ein Gitternetz beziehungsweise als eine Anordnung von Polygonen. Das Texturieren, also das Anbringen einer Oberflächenstruktur, kann man sich so vorstellen, als ob auf das Drahtgittermodell der Figur die Oberfläche, beispielsweise Haut oder Kleidung, aufgeklebt wird.

Animieren

Sind die Modelle erstellt, kann mit der Animation begonnen werden. Dafür sind vier Arbeitsschritte notwendig: Blocking out, Erstellung der Key Poses, Einfügen der Inbetweens und die Feinarbeit.

Beim Blocking Out wird die statische Figur in alle Umgebungen eingefügt, die während der Bewegung benötigt werden. Soll die Figur beispielsweise vorwärts laufen, muss die unbewegte Figur in allen Schlüsselpositionen positioniert werden, die in der Szene benötigt werden. Sobald die Figur positioniert ist, können die Key Poses (Schlüsselposen) hinzugefügt werden. Zunächst werden die Key Points (Schlüsselpunkte ) der vorwärtslaufenden Figur festgelegt und dann die Arme und Beine positioniert. In der 3D-Animation werden Bewegungen im Laufe des Films aus unterschiedlichen Kamerawinkeln aufgenommen. Deshalb sollten die Schlüsselposen immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.

Die Inbetweens, die beim klassischen Zeichentrick noch extra von Zwischenphasenzeichnern erstellt werden mussten, werden bei der 3D-Animation vom Computer erzeugt. Allerdings müssen sie im Anschluss noch verfeinert und angepasst werden, damit die Bewegungen natürlicher aussehen.

Am Ende einer 3D-Computeranimation werden beim Rendering aus den Rechnerdaten fertige Bilder erzeugt. Je mehr Polygone die Bilder enthalten, desto höher sind die Leistungsanforderungen. Lebensechtes Fell oder Haare brauchen beispielsweise eine sehr hohe Rechenleistung.

Quellen

[1] Wengert, Tobias:

Interview mit Thomas Meyer- Hermann. In: Wengert, Tobias/Schwinge, Uli: Trickfilmer, wie habt ihr das gemacht? Stuttgart 2011, S. 7. zurück nach oben

[2] Vgl. Giesen, Rolf:

Lexikon des Trick- und Animationsfilms. Berlin 2003, S. 7. zurück nach oben

[3] Vgl. Cavaler, Stephen:

The World History of Animation. London 2011. zurück nach oben

[4] Williams, Richard:

The Animator’s Survival Kit. London 2009. zurück nach oben

[5] Vgl. Lambert, Pierre:

Walt Disney. Visionär des Zeichentrickfilms. In: Girveau, Bruno/Dierderen, Roger: Walt Disneys wunderbare Welt und ihre Wurzeln in der europäischen Kunst. München 2008. zurück nach oben

[6] Vgl. Schoemann, Anika:

Der deutsche Animationsfilm. Von den Anfängen bis zur Gegenwart 1909-2001, Remscheid 2003. zurück nach oben

[7] Vgl. Reiniger, Lotte:

Schattentheater, Schattenpuppen, Schattenfilm – Eine Anleitung. Tübingen 1981. zurück nach oben

[8] Giesen, Rolf:

Lexikon des Trick- und Animationsfilms. Berlin 2003, S. 348. zurück nach oben

[9] Zitiert nach Giesen, Rolf:

Lexikon des Trick- und Animationsfilms. Berlin 2003, S. 348. zurück nach oben

[10] White, Tony:

Digitale Animation — Vom Bleistift zum Pixel. Heidelberg 2008. zurück nach oben

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