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Studie: Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen (2021)

Dass nicht nur Kinder und Jugendliche von Mobbing und Cybermobbing betroffen sind, zeigt diese Studie des Vereins „Bündnis gegen Cybermobbing e.V.“ und der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg auf.

Wie schon beim letzten Mal wurde für eine vergleichende Analyse die Befragung auch in Österreich und der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt. Mittels einer standardisierten Onlinebefragung wurden insgesamt 4.000 Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren befragt. 2.000 kamen aus Deutschland und jeweils 1.000 aus Österreich bzw. der Schweiz. Über 60% der Befragten waren schon einmal in Mobbing oder Cybermobbing-Situationen involviert.

Die Analyse zeigt die Veränderungen seit der Wiederholungsstudie im Jahr 2018 auf. In den letzten drei Jahren hat sich die Prävalenzrate bei Mobbing um 8,3% und bei Cybermobbing sogar um 25% gesteigert.
Mobbing ist nicht nur ein Phänomen der Arbeitswelt. Kaum ein Lebensbereich bleibt davon verschont. Auch die Ausbreitung in andere Lebensbereiche hat weiter zugenommen.

Die Studie dokumentiert den aktuellen Stand der Verbreitung und die zeitliche Dynamik des Problems.

 

Zur Mobbingstudie 2021

Cyberlife IV

Beleidigen, Bloßstellen und Ausgrenzen. Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen bleibt ein unterschätztes gesellschaftliches Problem. Corona sorgte für den Push. Seither stagnieren die Cybermobbing-Fälle zwar, bleiben aber auf hohem Niveau. „Beinahe jede fünfte Schülerin bzw. jeder fünfte Schüler (16,7 Prozent) zwischen acht und 21 Jahren wurde bereits Opfer von Cybermobbing.“ Das ergab eine bundesweite Online-Befragung unter 3011 Schülerinnen und Schülern, 1053 Eltern und 355 Lehrkräften, die 2022 durchgeführt wurde. In der Studie „Cyberlife IV - Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern" vom Bündnis gegen Cybermobbing e.V. und der Techniker Krankenkasse kommen die Autoren zu dem Schluss: Hochgerechnet könnten 1,8 Millionen Jugendliche betroffen sein.

48 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer kamen an ihrer Schule mit Cybermobbing-Fällen in Berührung und nahmen entsprechende Verhaltensänderungen wahr: 64 Prozent der betroffenen Schülerinnen und Schüler zeigten Niedergeschlagenheit, Leistungsabfall in der Schule (49 Prozent) und häufiges Fernbleiben im Unterricht (47 Prozent). Über 80 Prozent litten an Angstzuständen, Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen, Magen- und Kopfschmerzen.

Besonders alarmierend: Jede/r vierte Betroffene/r hatte schon einmal suizidale Gedanken. Jede/r Sechste griff deswegen schon einmal zu Alkohol, Tabletten oder Drogen und ein weiteres Drittel fühlte sich dauerhaft belastet (vgl. Kurzfassung „Cyberlife IV. Präsentation der Studienergebnisse vom 12.10.2022,“ Seite 10-17).

Cybermobbing-Attacken gibt es in allen Schulformen, signifikant am stärksten betroffen sind Haupt- und Werkrealschulen, an Berufsschulen und Grundschulen wurden die wenigsten Fälle verzeichnet.

Aus vorangegangen Studien der Jahre 2013, 2017 und 2020 weiß man bei Betrachtung der vierten Studie heute, Cybermobbing ist ein ernstes Problem, das sich verfestigt hat. Obwohl sich an den Schulen viel getan hat und Mobbingfälle fast immer disziplinarische Konsequenzen haben, gibt es nach wie vor großen Bedarf hinsichtlich Information und Prävention.

Studie „Cyberlife IV" (Oktober 2022). PDF

JIM-Studie 2019

Wie verbreitet Cybermobbing in Deutschland ist, verrät ein Blick auf drei wissenschaftliche Studien aus den Jahren 2017 bis 2019. Den Studien zufolge sind aktuell durchschnittlich 8 bis 14 % der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Opfer von Mobbing im Netz – also ungefähr jede/-r Zehnte.

Die aktuellste unter diesen Studien ist die „JIM-Studie 2019 – Jugend, Information, Medien“ des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest (mpfs). Grundlage ist eine im Zeitraum Mai bis August 2019 realisierte repräsentative Befragung unter 12- bis 19-Jährigen. 8 % der Befragten gaben an, „selbst schon per Smartphone/im Internet fertig gemacht“ worden zu sein: davon mehr als doppelt so häufig Mädchen (11 %) als Jungen (4 %). Nicht nur Geschlecht, sondern auch Alter haben der Studie zufolge einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Cybermobbing zu werden. Je älter die Befragten waren, desto häufiger waren sie betroffen. Zum Vergleich: 12- bis 13-Jährige machten lediglich 3 %, 18- bis 19-Jährige hingegen 10 % der Fälle aus. In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der Cybermobbing-Opfer insgesamt leicht angestiegen. Laut JIM-Studie 2014 lag der Wert im Referenzjahr noch bei 7 % der Befragten.

Jugendliche sitzen nebeneinander auf einer Mauer

LeoPatrizi via Getty Images

DIVSI U25-Studie

Eine höhere Betroffenenzahl geht aus der „DIVSI U25-Studie: Euphorie war gestern“ des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) hervor. Die repräsentative Erhebung unter 12- bis 19-Jährigen im Zeitraum April bis Juni 2018 ergab, dass 14 % der Studienteilnehmer/-innen bereits „von anderen fertig gemacht wurden (Mobbing)“. Im Vergleich zur Vorläuferstudie im Jahr 2014, in der sich lediglich 3 % als Opfer von Cybermobbing bezeichneten, hat sich dieser Wert in der Zwischenzeit mehr als vervierfacht. Mehr als jede/-r Dritte (36 %) nimmt Cybermobbing außerdem als „Risiko bei der Internetnutzung“ wahr. Andere Risiken der Internetnutzung sind für die Kinder und Jugendlich jedoch bedeutsamer, wie z. B. das „Ausspionieren von Zugangsdaten“, die „Infizierung des Computers mit Schadprogrammen“ oder „Betrug beim Online-Einkauf“ (alle 61 %).

Die Studien im Überblick

Keine trennscharfe Definition von Cybermobbing

In der Gesamtschau zeigt sich, dass das typische Cybermobbing-Opfer weiblich und eine ältere Teenagerin ist, die per Messenger beleidigt oder beschimpft wird. Was das Ausmaß der Verbreitung und die Tendenz einer Zu- oder Abnahme von Cybermobbing in den letzten Jahren angeht, weichen die Ergebnisse der verschiedenen Studien voneinander ab. Diese Abweichungen kommen dadurch zustande, dass die Definition von Cybermobbing nicht trennscharf ist. Unter die Definition von Cybermobbing fällt eine Vielzahl unterschiedlicher Online-Konflikte, wie z.B. Beleidigungen, Beschimpfungen oder unerlaubtes Hochladen von Fotos oder Videos.

Beleidigungen im Netz sind weit verbreitet

Treten einzelne dieser Streitereien im Netz auf oder kommen diese einmalig vor, interpretieren Jugendliche diese häufig noch nicht als Cybermobbing. Hingegen verstehen sie unter Cybermobbing Handlungsweisen, die – gemessen an den eigenen Moral- und Wertvorstellungen – zu weit gehen und von denen sie sich distanzieren. Auf diese Weise lässt sich auch erklären, dass viele Heranwachsende in den Studien angeben, bereits selbst Erfahrungen mit Beleidigungen, Beschimpfungen oder unerlaubt hochgeladenen Fotos und Videos gemacht zu haben, die Frage nach Cybermobbing in ihrem Alltag jedoch verneinen. Beleidigungen im Netz stehen dabei an erster Stelle: Laut JIM-Studie 2019 hat bereits jede/-r fünfte 12-bis 19-Jährige/-r Erfahrungen damit gemacht, laut DIVSI-Studie 2018 sogar mehr als jede/-r vierte. In beiden Studien gaben dagegen nur halb so viele Befragte an, schon von Cybermobbing betroffen gewesen zu sein.

Gegen Hass im Netz und für ein respektvolles Miteinander in sozialen Medien setzt sich daher die Informations- und Sensibilisierungskampagne „Bitte Was?! Kontern gegen Fake und Hass“ der Landesregierung Baden-Württemberg ein. Eine Social-Media-Kampagne, kostenlose Workshops und Veranstaltungen für Schüler/-innen, Lehrkräfte und Eltern sowie kostenfreie Unterrichtsmaterialien begleiten die Kampagne durchs ganze Land.

Zur Website der Kampagne „Bitte Was?! Kontern gegen Fake und Hass“

Quellen

[1] Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs):

[2] Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs):

[3] Vgl. Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) (2018):

Madeleine Hankele-Gauß

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