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Heranwachsende und Online-Welten

Online-Welten spielen eine wichtige Rolle in der Freizeit von Kindern und Jugendlichen. Wie die jährlichen KIM- und JIM-Studien zeigen, könnten nahezu alle 6- bis 19-Jährigen zuhause ungehindert ins Internet, ab zwölf Jahren machen sie meist auch täglich davon Gebrauch – am häufigsten via Smartphone. Entsprechend ist wenig verwunderlich, dass die Attraktivität des Internets für Werbeangebote immer weiter zunimmt. Der technische Fortschritt und der hohe Interaktionsgrad im Netz schlägt sich auch bei den verwendeten Werbeformen nieder: Im Internet wimmelt es geradezu von Pop-up-Fenstern, personalisierten Anzeigen und Bannern in allen Formen und Farben. Kinder sind dabei eine der Hauptzielgruppen, da sie mediale Angebote meist noch sehr unreflektiert konsumieren. Gerade auf Internetseiten mit junger Zielgruppe gehen die Werbemaßnahmen gerne über eine reine Verkaufsabsichten hinaus: Oftmals ist es Ziel, eine Bindung zwischen Kind und Produkt aufzubauen, um so auf lange Sicht treue Kunden zu gewinnen. Doch wie können die Heranwachsenden für die vielfältigen und komplexen Werbestrategien der Unternehmen sensibilisiert werden?

Zwei Mädchen mit einem Tablet

GettyImages/maximkabb

Was ist eigentlich Werbekompetenz?

Werbekompetenz als Teil der Medienkompetenz beschreibt die Befähigung, Werbung als solche wahrzunehmen, damit umzugehen und sie zu relativieren. Die Lernenden sollen in die Lage versetzt werden, reflektierte und bewusste Entscheidungen für oder gegen ein bestimmtes Produkt zu treffen. Insbesondere Kindern im Alter bis etwa zwölf Jahren fällt dies oft schwer. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den kritisch-reflexiven Umgang mit Werbeinhalten im Unterricht zu fördern. Die Vermittlung von Werbekompetenz als solche kann anhand von drei wesentlichen Aspekten erfolgen:

  • Förderung der Unterscheidung zwischen Werbung und Inhalt,
  • Erkennen der Absicht der Werbetreibenden und
  • Erhöhung der Beurteilungsfähigkeit, um die Glaubwürdigkeit von Werbeinhalten besser einschätzen zu können.

Es bietet sich an, bereits in Kindergarten und Grundschule Werbeformen und -strategien anhand von konkreten Beispielen zu analysieren und sich konkreter mit dem Bereich „Werbung“ im Allgemeinen auseinanderzusetzen. Praktische Methoden und Leitfäden dazu finden Sie u.a. in der SESAM-Mediathek (z.B. Unterrichtsmodul „Spürnasen entdecken die Werbewelt“ oder Mediensammlung „Jetzt kommt die Werbung“, beides geeignet für Grundschule).

Kaufen – (K)ein Kinderspiel

Bedürfnisse sind Auslöser für unser Konsumverhalten. Wir alle haben Bedürfnisse, zum einen Grundbedürfnisse wie beispielsweise Essen, Trinken, Schlafen und zum anderen Bedürfnisse wie Unabhängigkeit, Sicherheit, Liebe, Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Aus diesen Bedürfnissen heraus besteht eine Motivation, die auslösendes und steuerndes Moment für eine Handlung bzw. ein bestimmtes Verhalten ist. Dieser Handlung liegt als Antrieb, eine Bedürfnisbefriedigung zugrunde, die sich im Konsum (Essen, Trinken, Kaufen, Musik etc.) bzw. in einem auf Konsum gerichteten Verhalten äußert. Gerade die Bedürfnisse der Kinder macht sich die Wirtschaft zu nutze und kreiert immer neue Held(-inn)en und daran angelehnte Merchandising-Produkte. Mit diesen Figuren können sich Heranwachsende identifizieren und Orientierung finden. Sie fühlen sich ernst genommen und durch den Kauf eines solchen Artikels, beispielsweise durch die Eltern, belohnt und anerkannt.
Gerhard Schorn beschrieb auf diesen Erkenntnissen und auf der Basis einer empirischen Untersuchung Ende der 80er Jahre vielfältige Kompensationsmöglichkeiten des Kaufaktes:

  • Kaufen symbolisiert Belohnung: Es verspricht den Ersatz für Zuwendung – das Gekaufte wird als Geschenk oder Preis empfunden, den man sich durch Leistung oder durch Entbehrung verdient hat.
  • Kaufen symbolisiert Größe: Man erlebt Ersatz für Anerkennung, fühlt sich einer exklusiven Gruppe zugehörig, man träumt sich reich und gut aussehend.
  • Kaufen symbolisiert Freiheit: Es dient als Ersatz für selbstständiges Entscheiden, für Freiraum und Selbstständigkeit.
  • Kaufen symbolisiert Fülle: Es suggeriert einen Ausgleich für Zurücksetzung, Entbehrung, Benachteiligung durch Überfluss und intensives Leben; mit dem Einkaufsbummel im „Schlaraffenland“ für all die Einschränkungen entschädigt werden, unter denen man gelitten hat.
  • Kaufen symbolisiert Sicherheit: Es vermittelt die Illusion, man sei gegen Mangel und Enttäuschung geschützt, und Befriedigung trete sofort, zuverlässig und berechenbar ein.

Einen kritischen Blick auf Werbung und Konsum erlangt man nicht von einer einmaligen Aktion zu diesem Thema und auch nicht von heute auf morgen, sondern durch kontinuierliche Eingliederung in den Alltag und den Lern- und Entwicklungsprozess der Kinder und Jugendlichen. Dass diese permanente Arbeit bereits im Kindesalter Früchte tragen kann.

Weiterführende Links

Kinder und Online-Werbung: Ratgeber für Eltern und pädagogische Fachkräfte

Internet ABC: Lernmodul zu Werbung, Gewinnspielen und Einkaufen

SESAM-Mediathek: Unterrichtsmodule und -medien

Jennifer Madelmond

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