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Genius Hour – Projektarbeit nach Neigung

Madeleine Hankele-Gauß
Kopfzeichnung auf einer Tafel mit Haftnotiz-Zetteln

yangwenshuang via Getty Images

Wenn die Stunde der Genies im Unterricht schlägt

Was wolltest du schon immer einmal herausfinden? Was interessiert dich brennend? Was würdest du in der Schule lernen, wenn du die freie Wahl hättest? Wenn im Unterricht die „Stunde der Genies“ schlägt, beschäftigen sich Schüler/-innen genau mit diesen Fragen. Hinter dem Unterrichtskonzept der „Genius Hour“ steht die Idee, Lernenden im Schulalltag regelmäßig Freiraum für die Arbeit an eigenen Projektideen zu geben. Da die Schüler/-innen hierbei weitgehend selbstorganisiert lernen und arbeiten, ist die Genius Hour auch für Phasen des Distanzlernens gut geeignet.

Das ursprüngliche Konzept stammt aus dem Hause Google, wo Entwickler/-innen 20 Prozent ihrer Arbeitszeit in eigene Projekte investieren dürfen. Durch die Einführung dieses Konzepts und die innovativen Ideen, die dadurch verfolgt wurden, konnte das Unternehmen seine Produktivität messbar steigern. Im schulischen Bereich gilt die Eichenlaubschule Weiskirchen als Vorreiterin, die ihren Schülerinnen und Schülern alle vierzehn Tage eine Doppelstunde als Genius Hour zur Verfügung stellt. Wie also lässt sich das Konzept im Fern- oder Präsenzunterricht erfolgreich umsetzen?

Vom Suchen und Finden einer Frage

Während der Genius Hour stellen sich Schüler/-innen selbst eine herausfordernde Frage aus einem Themenbereich, der ihren persönlichen Interessen und Neigungen entspricht. Der Fantasie der Lernenden sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Wie programmiert man ein Spiel? Was bedeutet der Klimawandel für Wale? Wie stellt man ein Kleidungsstück her? Was ist Glück? Wie schreibt man ein Buch? Warum gibt es Armut auf der Welt? Das Besondere ist, dass die Frage nicht zwingend aus einem akademischen Bereich kommen muss, sondern auch Bereiche wie Mode, Essen und Trinken oder Sport aufgreifen kann. 

Bei der Auswahl der Frage ist entscheidend, dass es sich um eine offene Fragestellung handelt, die sich einerseits nicht durch eine schnelle Googlesuche beantworten lässt. Andererseits sollten die Schüler/-innen in der Lage sein, die Frage ohne fremde Hilfe beantworten zu können: durch eine längere eigenständige Recherche. Die Ergebnisse ihres Rechercheprozesses übersetzen die Lernenden anschließend in ein Produkt – zum Beispiel eine Webseite, ein Lerntagebuch, ein Video, ein Modell, ein E-Book, ein Möbel- oder Kleidungsstück. Welches Produkt am besten widerspiegelt, was sie im Verlauf ihres eigenen Projekts gelernt haben, können die Schüler/-innen dabei selbst festlegen. Die Lehrkraft als Lerncoach sollte allerdings darauf achten, dass die für das Produkt benötigten Ressourcen einfach zu beschaffen sind und das Budget des Lernenden nicht übersteigen.

Das Kanban-Board als Projektplan

Eine herausfordernde Frage finden, Antworten recherchieren und ein passendes Produkt gestalten: Das ist der Genius-Hour-Dreiklang. Damit Lernende diesen Dreiklang meisten können und mit den Freiheiten der Projektarbeit nicht überfordert werden, benötigen sie sowohl Strukturen als auch einen Lerncoach. Zu Beginn einer Projektphase im Rahmen der Genius Hour liefert der Lerncoach zum Beispiel Impulse, um das Brainstorming von Ideen und Fragen in Gang zu bringen. Hierbei kann ein motivierendes Erklärvideo ebenso hilfreich sein wie ein Steckbrief zu den Interessen, Fähigkeiten und Hobbies der Schüler/-innen.

In der Praxis hat es sich bewährt, dass die Lernenden sich zunächst drei verschiedene Fragestellungen überlegen und diese der Klasse und dem Lerncoach präsentieren. Basierend auf dem Feedback arbeiten die Schüler/-innen an der jeweils überzeugendsten Frage weiter. Zur Strukturierung ihrer Projektarbeit stellt der Lerncoach der Klasse außerdem ein digitales Kanban-Board z.B. von CryptPad zur Verfügung. Es setzt sich aus den drei Spalten „Zu erledigen“, „In Bearbeitung“ und „Erledigt“ zusammen. Unter der Spalte „Zu erledigen“ können die Schüler/-innen alle Aufgaben, die zur Beantwortung ihrer Frage erforderlich sind, als virtuelle Post-its festhalten. Bearbeiten sie gerade eine Aufgabe oder haben eine erledigt, können sie das Post-it in die Spalte „In Bearbeitung“ bzw. „Erledigt“ verschieben. Das Kanban-Board entspricht also einem Projektplan und kann als Grundlage für Gespräche zwischen Lernenden und Lerncoach dienen.

Zum Abschluss einer Projektphase stellen alle Schüler/-innen ihr Produkt vor der Klasse oder der Schulgemeinschaft vor. Die Idee dahinter ist, dass eine möglichst breite Öffentlichkeit vom Wissen profitieren soll, das sich die Lernenden in der Genius Hour selbstorganisiert erarbeitet haben. Frei nach dem Motto: „Wissen teilen heißt Wissen multiplizieren“ (Gilbert Probst).
 

Digitale Sprechstunde zu Projektarbeit

Erklärvideo für Schüler/-innen

Erklärvideo für Lehrer/-innen

Madeleine Hankele-Gauß

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