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Digitale Nachrichtenkompetenz der Deutschen: Eher mangelhaft

Ulrike Boscher
Jugendliche gehen eine Treppe hinauf.

Besonders nachrichtenkompetent sind jüngere Menschen zwischen 18 und 39 Jahren mit einem hohen Bildungsabschluss. | AleksandarGeorgiev E+ via GettyImages

Digitale Nachrichtenkompetez der Deutschen im Test

Wie gut können die Deutschen zwischen falschen Beiträgen, sachlichen Informationen, Werbung und Meinungsäußerungen im Internet unterscheiden? Woran erkennen sie, ob eine Information richtig und vertrauenswürdig ist?

Leider ist die digitale Informations- und Nachrichtenkompetenz bei vielen nur mittelmäßig bis schlecht ausgeprägt. Das ergab eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung (SNV), bei der fast 4200 Nutzer/-innen über 18 Jahre mit Online-Interviews befragt und mit einem News-Test geprüft wurden.

Das Ergebnis: Knapp die Hälfte bestand den Test, bei 46 Prozent fiel die Nachrichten- und Informationskompetenz (sehr) gering aus. Nur 22 Prozent erreichten hohe Kompetenzwerte.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

  • Werbekennzeichnung bringt vielen nichts: Im Internet und den sozialen Medien fällt es den Deutschen häufig schwer, zwischen sachlichen Informationen, Desinformationen, Werbung und Meinung zu unterscheiden. Den Befragten war ein Text mit Werbekennzeichnung vorgelegt worden, dennoch hielten 56 Prozent das Advertorial fälschlicherweise für eine Information. Lediglich 23 Prozent erkannten die Werbung als solche.
  • Fake News nicht erkannt. Weniger als die Hälfte konnte eine Falschinformation auf Facebook zu identifizieren (43 Prozent). 33 Prozent der Teilnehmer/-innen ordneten die Falschnachricht als „wahr“ ein.
  • Tatsachenbericht mit Kommentar verwechselt: Ein Drittel der Befragten konnte einen Tatsachenbericht nicht von einem Kommentar unterscheiden, selbst dann, wenn „Kommentar“ zu lesen war (so zum Beispiel bei DER SPIEGEL). Weitere 15 Prozent waren sich in dieser Frage unsicher.
  • Gutes Gespür für vertrauenswürdige Quellen: Deutlich bessere Ergebnisse erzielten die Befragten bei der Einschätzung, ob eine Quelle neutral und vertrauenswürdig ist. Fast 60 Prozent lösten diese Aufgabe richtig.
  • Plattform-spezifische Hinweise kaum wirksam gegen Desinformation: Mit Kennzeichnungen der Social-Media-Plattformen (z.B. Facebook-Label zum Faktencheck einer Falschnachricht, Wikipedia-Hinweise auf YouTube) konnte die deutliche Mehrheit nichts anfangen. Nur ein Viertel empfand solche Hinweise als hilfreich für die Beurteilung einer Information.
  • Weit verbreitetes Misstrauen in Medien und Politik: Beängstigend viele der Befragten zweifelten an einem unabhängigen Journalismus. So glaubten 25 Prozent an geheime Machenschaften zwischen Medien und Politik, um die öffentliche Meinung entsprechend in eine Richtung zu lenken. Weitere 28 Prozent glaubten teils/teils an angebliche Manipulationen. Ein Viertel gab an, dass es eine Lügenpresse gibt.
  • Wissenslücke: Wie arbeiten öffentlich-rechtliche Medienanstalten? Nur die Hälfte der Befragten wusste, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine unabhängige Anstalt ist und journalistisch frei arbeitet. 35 Prozent glaubten, er sei dem Staatsministerium für Kultur und Medien unterstellt. Fälschlicherweise gingen sie auch von der Annahme aus, dass Bundestagsabgeordnete nicht frei ihre Meinung äußern dürfen. Nachrichten würden demnach immer erst nach Freigabe des Ministeriums durch den Rundfunk veröffentlicht.
Jugendliche mit Maske lehnen an einer Mauer mit Blick in ihre Smartphones.

Es gilt durch alle Altersgruppen: Je höher die Schulbildung, desto höher die Kompetenzwerte und desto höher das Vertrauen in Journalismus und Politik. | FilippoBacci/iStock via GettyImages

Schlüssel für Nachrichtenkompetenz: Alter, Bildung und Vertrauen in Demokratie

Die Studie kommt zu folgendem Ergebnis:

  • Je jünger, desto kompetenter.
  • Je höher die Bildung, desto kompetenter.

Eine gute Schulbildung beeinflusst häufig auch die Grundhaltung zu Demokratie und Meinungsfreiheit. Wer einen unabhängigen Journalismus wertschätzen und ein gewisses Vertrauen in Rundfunk und Medien aufbringen kann, besitzt eher eine gute digitale Nachrichten- und Informationskompetenz. Diese Personen informieren sich regelmäßig zu gesellschaftlichen und politischen Themen und haben gelernt, seriöse Informationsquellen im Internet zu erkennen.

Medienkompetenz in Schulen stärken, Plattformen verbessern

In Summe sind die Ergebnisse bei den Befragten überwiegend mittelmäßig bis schlecht. Die Studienmacher leiten daraus ab, „dass Bürger/-innen viel zu lange damit allein gelassen wurden, sich in immer komplexeren Medienumgebungen selbst zurecht zu finden.“ Die schlechten Testergebnisse seien ein Hinweis auf „die systematische Vernachlässigung digitaler Fähigkeiten …“ (Studie „Quelle:Internet“?, Seite 7).

Medienkompetenz und Vertrauensbildung in unabhängigen Journalismus müssten in den Haupt- und Mittelschulen stärker gefördert werden. Außerdem fordern sie bessere Plattform-Architekturen für Socia Media mit einer plausiblen Funktionslogik (im Kampf gegen Desinformation) und gut sichtbaren Kennzeichnungen und Labels.

Den ausführlichen Bericht finden Sie zum Download hier:

Studie „Quelle: Internet“? Digitale Nachrichten- und Informationskompetenzen der deutschen Bevölkerung im Test.

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Ulrike Boscher

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